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Freiherr von Minutoli – Ägtyptenforscher der ersten Stunde

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Einer der „Gründervater“ des Ägyptischen Museums in Berlin wurde heute vor 244 Jahren, am 12. Mai 1772, in Genf geboren. Christina Hanus, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Ägyptischen Museum und Papyrussammlung, über Nicolas Jean Henri Benjamin Menu alias Freiherr von Minutoli.

Nicolas Jean Henri Benjamin Menu trat nach privatem Unterricht und dem Besuch des Gymnasiums in Karlsruhe im Jahr 1786 dem preußischen Heer bei. Nach einer Verwundung sieben Jahre später übernahm er die Ausbildung adliger Kadetten, bis er schließlich 1810 mit der ehrenvollen Aufgabe betraut wurde, Prinz Carl von Preußen zu erziehen. Es folgte die Erhebung in den Adelsstand, nach der sich der Prinzenerzieher den klangvollen Namen Johann Heinrich Carl Freiherr Menu von Minutoli gab.

Expedition auf allerhöchsten Regierungswunsch
Zeit seines Lebens zeigte sich Minutoli stark an der Altertumskunde und Archäologie interessiert und lernte bereits während seiner Kadettenausbildung zusätzlich Griechisch und Latein. Nachdem er die Erziehung des jungen Prinzen abgeschlossen hatte, legte er dem Königlichen Ministerium 1820 einen Plan für eine ausgedehnte Forschungsreise in den Orient vor und beschäftigte sich intensiv mit den antiken Autoren wie Herodot und Strabo sowie mit zeitgenössischen Reiseschriftstellern. Bereits in diesem Jahr würdigte die Akademie der Wissenschaften Minutoli für sein großes Interesse an Archäologie und seine Sammlung antiker Artefakte mit einer Ernennung zum Ehrenmitglied.

Neues Museum, Raum 1.11 „Mythologischer Saal“ mit Blick auf das Gemälde "Generalleutnant Minutoli in der Oase Siwah" (Minutoli, in dunkelrotem Gewand, sitzt rechts im Zelt). Öl auf Leinwand, 100 x 128 cm, um 1823. Das Gemälde basiert auf einer Zeichnung von Minutoli und wurde 1987 durch den Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums Berlin e.V. erworben.  © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Neues Museum, Raum 1.11 „Mythologischer Saal“ mit Blick auf das Gemälde “Generalleutnant Minutoli in der Oase Siwah” (Minutoli, in dunkelrotem Gewand, sitzt rechts im Zelt). Öl auf Leinwand, 100 x 128 cm, um 1823. Das Gemälde basiert auf einer Zeichnung von Minutoli und wurde 1987 durch den Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums Berlin e.V. erworben.
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung

Die Expedition Minutolis wurde auf allerhöchsten Regierungswunsch gestattet und finanziert. Gemäß dem wissenschaftlichen Anspruch der Reise umfasste die Reisegesellschaft auch einen Architekten, zwei Naturwissenschaftler und einen Orientalisten und Theologen. Auch Minutolis zweite Ehefrau, die Gräfin Wolfardine von der Schulenburg, die er 1820 in Triest geheiratet hatte, begleitete ihn auf seine Expedition und fertigte detaillierte Reiseberichte an.

97 Kisten versanken in den Fluten
Obgleich die umfangreich geplante Expedition nach Aufenthalten im Niltal, im Gebiet des Ersten Katarakts und in der Oase Siwa schon im August 1821 aufgrund einer instabilen politischen Lage abgebrochen werden musste, erwarb Menutoli eine außerordentliche Sammlung von Altertümern. Auf der Rückreise lief Minutolis Schiff, die „Cleopatra“, den Hafen von Triest an. Von dort aus sollten 120 Kisten mit Artefakten teils über Land nach Berlin und teils mit dem Schiff nach Hamburg weitertransportiert werden.

Uschebtikasten mit Deckel in Form eines Pfostensarges (ÄM 4360, Spätzeit, 664–332 v. Chr., grundiertes, bemaltes Holz, 21 x 27 x 15 cm) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Uschebtikasten mit Deckel in Form eines Pfostensarges (ÄM 4360, Spätzeit, 664–332 v. Chr., grundiertes, bemaltes Holz, 21 x 27 x 15 cm)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß

Der Wasserweg erwies sich jedoch als unglückliche Wahl: In der Nacht auf den 12. März 1822 versanken 97 Kisten in den Fluten, als das Segelschiff „Gottfried“ durch einen Sturm in der Mündung der Elbe zerstört wurde. Dagegen gelangten die Artefakte in den übrigen 23 Kisten unversehrt auf dem Landweg nach Berlin und wurden im Mai 1823 durch den preußischen König Friedrich Wilhelm III. angekauft, um sie der kunstinteressierten Öffentlichkeit in einem noch fertigzustellenden Museumsgebäude zugänglich zu machen. Die Berliner ägyptische Sammlung residierte zu der Zeit noch in den Räumlichkeiten des Schlosses Monbijou und nahm mit dem Ankauf dieser großen Kollektion allmählich Gestalt an.

Liebe zum Altertum
Ergänzend zu den Objekten seiner Ägypten-Expedition, haben sich die detaillierten Berichte von Minutoli erhalten, in denen er unter anderem die Reise zum Tempel des Jupiter Ammon in der libyschen Wüste oder das erstmalige Öffnung der Djoser-Pyramide in Sakkara anschaulich beschreibt. Der um ernsthafte und wissenschaftliche Erforschung der Altertümer bemühte Minutoli verurteilte aufs Schärfste die bereits zu seiner Zeit verbreitete, rücksichtslose Zerstörung in Tempeln und Gräbern durch Einheimische oder Europäer, die sich mit den Beutestücken auf dem Kunstmarkt bereichern wollten. Hürde und Herausforderung für Minutolis wissenschaftliche Neugierde stellten die altägyptischen Hieroglyphen dar. Erst der Franzose Jean Franҫois Champollion legte 1822 mit seinem „Lettre à Monsieur Dacier“ den Grundstein ihrer Entschlüsselung. Trotzdem leistete Minutoli durch die auf seiner Expedition gesammelten Altertümer und ihre vorbildliche Dokumentation einen entscheidenden Beitrag zur deutschen Ägypten-Forschung.

Uschebti der Iset-Nofret, Gemahlin Ramses' II. (ÄM 333, Neues Reich, 19. Dynastie, 1279–1213 v. Chr., Fayence, 10,1 x 3,5 x 2,4 cm) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Uschebti der Iset-Nofret, Gemahlin Ramses’ II. (ÄM 333, Neues Reich, 19. Dynastie, 1279–1213 v. Chr., Fayence, 10,1 x 3,5 x 2,4 cm)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung

Minutoli, ausgezeichnet mit dem Königlich Preußischen St. Johanniterorden (1820) wie auch dem Roten Adlerorden I. Klasse (1845), verstarb am 16. September 1846 und wurde auf dem Alten Garnisonfriedhof in Berlin bestattet.
Die Berliner Museen verdanken Minutolis Sammelleidenschaft nicht nur den Grundstein der Ägyptischen Sammlung, sondern ebenso eine große Kollektion Prähistorischer und Provinzialrömischer Altertümer sowie eine Zusammenstellung mexikanischer bzw. altamerikanischer Artefakte. Seine Liebe zum Altertum und die qualitätsvollen Stücke von seiner Ägypten- Expedition machten Heinrich Menu von Minutoli zu einem wahren „Gründervater“ des Neuen Museums.

Bildausschnitt aus dem Gemälde "Generalleutnant Minutoli in der Oase Siwah" (Minutoli, in dunkelrotem Gewand, sitzt rechts im Zelt). Öl auf Leinwand, 100 x 128 cm, um 1823. Das Gemälde basiert auf einer Zeichnung von Minutoli und wurde 1987 durch den Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums Berlin e.V. erworben.  © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Bildausschnitt aus dem Gemälde “Generalleutnant Minutoli in der Oase Siwah” (Minutoli, in dunkelrotem Gewand, sitzt rechts im Zelt). Öl auf Leinwand, 100 x 128 cm, um 1823. Das Gemälde basiert auf einer Zeichnung von Minutoli und wurde 1987 durch den Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums Berlin e.V. erworben.
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Deckel des äußeren, anthropomorphen Sargs der Tare-kap (ÄM 3, 25.-26. Dynastie, aus Theben, 208 x 78 x 91 cm, Holz, grundiert und bemalt) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Deckel des äußeren, anthropomorphen Sargs der Tare-kap (ÄM 3, 25.-26. Dynastie, aus Theben, 208 x 78 x 91 cm, Holz, grundiert und bemalt)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Standfigur einer Priesterin. (ÄM 2309, Dritte Zwischenzeit, 746–655 v. Chr., Bronze, 57,5 x 13,5 x 12 cm)  © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Standfigur einer Priesterin. (ÄM 2309, Dritte Zwischenzeit, 746–655 v. Chr., Bronze, 57,5 x 13,5 x 12 cm)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Uschebti des Priesters Wah-ib-Re-m-Achet (ÄM 937, Spätzeit, 664–332 v. Chr., Fayence, 20,5 x 6 x 4,5 cm, aus Saqqara) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Uschebti des Priesters Wah-ib-Re-m-Achet (ÄM 937, Spätzeit, 664–332 v. Chr., Fayence, 20,5 x 6 x 4,5 cm, aus Saqqara)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Stelophor des Sa-Iset (ÄM 2314, Neues Reich, 18. Dynastie, 1550–1292 v. Chr., aus Theben-West, 30 x 14,5 x 17,5 cm, bemalter Kalkstein) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Stelophor des Sa-Iset (ÄM 2314, Neues Reich, 18. Dynastie, 1550–1292 v. Chr., aus Theben-West, 30 x 14,5 x 17,5 cm, bemalter Kalkstein) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Amduat des Priesters Hor-em-chemmis (P 3001, Dritte Zwischenzeit, 21. Dynastie, 1070–946 v. Chr., aus Theben, Papyrus, 34 x 770 cm) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Amduat des Priesters Hor-em-chemmis (P 3001, Dritte Zwischenzeit, 21. Dynastie, 1070–946 v. Chr., aus Theben, Papyrus, 34 x 770 cm)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß

Der Elch vom Hansaplatz im Neuen Museum

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Heute vor 60 Jahren wurde beim Bau einer U-Bahn-Linie am Berliner Hansaplatz das Skelett eines riesigen eiszeitlichen Elchs gefunden. Seit damals hat sich der “Elch vom Hansaplatz” zu einer der großen Attraktionen im Museum für Vor- und Frühgeschichte auf der Museumsinsel entwickelt.

Der Elch vom Hansaplatz war gigantisch. Allein das kapitale Schaufelgeweih dieses Breitstirnelchs erreichte eine Spannweite von ca. 1,50 Metern und wog bis zu 20 Kilo. Die beachtliche Körperlänge von 2,70 Metern war im Verhältnis zu seinen Beinen noch recht kurz. Dank dieses Körperbaus, mit langen Beinen und Hufen mit stark gespreizten Zehenknochen, konnte er über feuchten Boden und tiefen Schnee laufen, ohne einzusinken. Beides stellt eine Anpassung an die sehr ungemütlichen Bedingungen der späten Eiszeit in Europa dar, in der weitläufige Tundren allmählich von sich ausbreitenden nordischen Wäldern verdrängt wurden. Dass unser Elch zu dieser Zeit, der Jüngeren Dryas- oder Tundrazeit, gelebt hatte, verriet seine Fundsituation in entsprechenden Bodenschichten, zusammen mit einer exakten C-14-Messung im Leibniz-Labor der Universität Kiel.

Der Elch in einer älteren Präsentation des Museums für Vor- und Frühgeschichte. (c) bpk / Museum für Vor- und Frühgeschichte, SMB / Claudia Plamp
Der Elch in einer älteren Präsentation des Museums für Vor- und Frühgeschichte. (c) bpk / Museum für Vor- und Frühgeschichte, SMB / Claudia Plamp

Entdeckt wurde der mächtige Elch vor genau 60 Jahren: Am 16. Mai 1956 stießen Bauarbeiter bei den Arbeiten an der damals völlig neuen U-Bahn „Linie G“ – der heutigen U9 – auf Knochen, die sich bei ihrer Freilegung als vollständig erhaltenes Skelett entpuppten – eine kleine Sensation. Im Museum für Vor- und Frühgeschichte wurde das Elchskelett wieder zusammengesetzt und ist seither eines der größten und imposantesten Objekte in der Sammlung. Seit der Wiedereröffnung des Neuen Museums im Jahr 2009 ist es ein Publikumsmagnet der dortigen Dauerausstellung im Saal der Steinzeiten.

So wird der Elch vom Hansaplatz heute im Neuen Museum präsentiert. (c) Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte
So wird der Elch vom Hansaplatz heute im Neuen Museum präsentiert. (c) Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte

Jäger und Sammler waren den Tieren auf der Spur
Die Lebenszeit des Elchs vor etwa 11.000 Jahren war durch starke klimatische Veränderungen geprägt. Bäume wie Birke und Kiefer drangen in die eisfrei gewordene norddeutsche Tundra vor und bildeten Wälder – es muss eine sehr raue, archaische Landschaft gewesen sein. Ein Zeichen dafür, dass es auch im Berliner Raum Klimaschwankungen gegeben hat und neben kalter Tundra phasenweise feuchtwarmes Wetter vorherrschte, ist der Fund einer Sumpfschildkröte, deren Überreste damals ebenfalls am Hansaplatz zu Tage gefördert wurden. Der Panzer ist gemeinsam mit dem Elchskelett in der Dauerausstellung des Museums für Vor- und Frühgeschichte zu sehen.

Nichtsesshafte Jäger der sogenannten Ahrensburger Kultur durchstreiften damals unser Stadtgebiet, immer auf der Suche nach essbaren Pflanzen und jagdbarem Wild. Diese Menschen fertigten auch einen besonders interessanten Fund: Eine angespitzte Rentier-Geweihstange von 28 cm Länge, die ihnen vermutlich als Stoßwaffe diente.
Bereits in der Altsteinzeit haben die Menschen Elche beobachtet und sicher auch gejagt. Das belegen zum Beispiel Höhlenzeichnungen wie die einer Elchkuh in der Höhle von Gargas in Frankreich, die einer C-14-Datierung zufolge etwa 24.640 Jahre alt ist.

Nachbildung einer Höhlenmalerei mit Rentieren aus der Höhle von Font le Gaume, Les Eyzies, Dordogne, Frankreich; um 12 000 - 11 000 v. Chr., mittleres Magdalénien (c) bpk / Museum für Vor- und Frühgeschichte, SMB / Jürgen Liepe
Nachbildung einer Höhlenmalerei mit Rentieren aus der Höhle von Font le Gaume, Les Eyzies, Dordogne, Frankreich; um 12 000 – 11 000 v. Chr., mittleres Magdalénien (c) bpk / Museum für Vor- und Frühgeschichte, SMB / Jürgen Liepe

Ein weiteres kleines Kunstwerk vom Ende der Eiszeit ist der „Bernsteinelch von Weitsche“, der heute im Niedersächsischen Landesmuseum in Hannover präsentiert wird. Die kleine, geweihlose Figur einer Elchkuh aus Bernstein wurde zwischen 1994 und 2004 bei Ausgrabungen in der Nähe von Hitzacker gefunden und wurde in der ausgehenden Altsteinzeit von frühen Waldjägern hergestellt, die aufgrund ihrer charakteristisch-federförmigen Steinwerkzeuge als Federmesser-Gruppen bezeichnet werden. Zu dieser Zeit waren bereits innovative Technologien wie Pfeil und Bogen oder Speerschleudern in Gebrauch, mit denen Jagd unter anderem auf die majestätischen Riesenelche gemacht wurde.

Nachbildung einer Gravierung eines Bären nach einem Original aus der Höhle von Les Combarelles, Les Eyzies, Dordogne, Frankreich, um 12 000 v. Chr., Mittleres Magdalénien (c) bpk / Museum für Vor- und Frühgeschichte, SMB / Jürgen Liepe
Nachbildung einer Gravierung eines Bären nach einem Original aus der Höhle von Les Combarelles, Les Eyzies, Dordogne, Frankreich, um 12 000 v. Chr., Mittleres Magdalénien (c) bpk / Museum für Vor- und Frühgeschichte, SMB / Jürgen Liepe

Eine faszinierende Reise in die Vergangenheit
Die französische Höhlenzeichnung, ebenso wie die niedersächsische Bernsteinfigur, die übrigens einmal zur Datierung einer ähnlichen Pferde-Figur aus der Sammlung des Museums für Vor- und Frühgeschichte herangezogen wurde, wird in den Vitrinen unserer Dauerausstellung als Abbildungen gezeigt.

Anlässlich des Jahrestages der Entdeckung des Elchs vom Hansaplatz werden im Neuen Museum nun in zwei Vitrinen außerdem einige der Funde gezeigt, die damals am Hansaplatz ausgegraben wurden. Alle diese Funde sind bedeutend für die Rekonstruktion von Flora, Fauna und Klima am Ende der letzten Eiszeit im Berliner Raum – so ermöglichen sie eine faszinierende Reise in die Vergangenheit, als zwischen Alex und Brandenburger Tor noch Jägersippen, Säbelzahnkatzen und Riesenelche unterwegs waren.

Ein Diorama zeigt die Rekonstruktion eines Mammutjägerlagers, nach Grabungsbefunden in Dolni-Vestonice/Unterwisternitz, Mähren, wo eine Jagdstation des Gravettien (ca. 31.000-25.000 v. Chr.) aufgedeckt wurde. So ähnlich könnten auch die Lager der Jäger ausgesehen haben, die in der Mitteleuropäischen Tundra unterwegs waren. (c) bpk / Museum für Vor- und Frühgeschichte, SMB / Jürgen Liepe
Ein Diorama zeigt die Rekonstruktion eines Mammutjägerlagers, nach Grabungsbefunden in Dolni-Vestonice/Unterwisternitz, Mähren, wo eine Jagdstation des Gravettien (ca. 31.000-25.000 v. Chr.) aufgedeckt wurde. So ähnlich könnten auch die Lager der Jäger ausgesehen haben, die in der Mitteleuropäischen Tundra unterwegs waren. (c) bpk / Museum für Vor- und Frühgeschichte, SMB / Jürgen Liepe

Schmuck für Cranach im Kunstgewerbemuseum: Preziosen aus dem Land der Moderne

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Die Ausstellung „Beautiful Mind“ im Kunstgewerbemuseum zeigt zeitgenössische Interpretationen von Schmuckstücken auf Gemälden Cranachs des Jüngeren. Sie basiert auf einem gleichnamigen Wettbewerb der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt. Wir sprachen mit deren Direktorin Manon Bursian.

Frau Bursian, wie kam es eigentlich zu dem Wettbewerb und was genau war die Aufgabenstellung?
Am Anfang stand der Wunsch, Lucas Cranach dem Jüngeren zu seinem 500. Geburtstag ein besonderes Geschenk zu machen: ein prächtiges Schmuckstück, das in der Renaissance wurzelt, aber ganz modern ist. Zu Cranachs Lebzeiten waren aufwändig gestaltete Schmuckstücke aus kostbaren Metallen, Perlen und Edelsteinen Ausdruck für den Reichtum und sozialen Status ihrer Träger und Trägerinnen. Wir haben uns überlegt, heutige Künstlerinnen und Künstler zu bitten, sich mit der Schmuckkunst der Renaissance auseinanderzusetzen. Heraus kamen großartige Interpretationen von Schmuckstücken, die Cranach der Jüngere, seine Frauen, Söhne und Töchter und die von ihm porträtierten Zeitgenossen getragen haben. Ich muss an dieser Stelle hervorheben, dass der Beautiful-Mind-Wettbewerb mit Abstand der erfolgreichste Wettbewerb war, den die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt seit ihrer Gründung vor gut zehn Jahren initiiert und begleitet hat. Die ungeahnt große Zahl der Wettbewerbsbeteiligten mit 146 Einsendungen zeigte, dass die deutsche Schmuckszene, um ganz unbescheiden zu sein, eigentlich auf so eine Idee gewartet hat.

Wie unterscheidet sich zeitgenössisches Schmuckdesign von Schmuckdesign zu Cranachs Zeiten?
Adel und wohlhabendes Bürgertum entdeckten zu Cranachs Zeiten eine Leidenschaft für Luxus und Repräsentation. Der Reichtum der Goldschmiedekunst und die Begeisterung für neue Formen und bilderreiche Kombinationen zeugen von der Lust am Schmücken und dem Spiel mit dem Material gleichermaßen. Schöpfergeist und Wagnis sind auch den heutigen Künstlern eigen. Einzig die Materialien und die technischen Bedingungen sind heute vielfältiger.

Was ist in Ihren Augen das Besondere an Schmuck und Schmuckdesign?
Vor der Kleidung war der Schmuck. Hermann Parzinger hat in seinem Prometheus-Buch ja schön davon erzählt, dass der Schmuck seit Menschengedenken seine eigene Faszination entfaltet. Der moderne Schmuck genießt trotz der industriellen Herstellung wieder mehr und mehr das Vertrauen von Privatkunden, die das hohe Können und aufrichtige Streben anerkennen und letztlich fördern. Der Künstler heute sucht nach Symbolik, Liebesbeweisen und identitätsstiftende Eigenschaften. Nur wer all diese Wünsche erfüllt, kann besonders sein. Gleichzeitig gibt es in der Schmuckszene die Haltung, vom Alltäglichen abzuweichen und etwas einzigartig Schönes zu schaffen.

Wie definieren Sie die Rolle der Kulturstiftung des Landes Sachsen-Anhalt?
Die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt sieht sich als Anstifterin für spannende, experimentelle Kunst, die aber auch ein großes Publikum findet. Das ist uns ganz wichtig. Insofern war das Initiativprojekt »Beautiful Mind. Ein Schmuckstück für Cranach« ideal: hohe Resonanz, interessante Arbeiten und nun auch noch eine Ausstellung in Berlin. Was will man mehr?

Gibt es in Sachsen-Anhalt denn eigentlich Resonanz für solche Anstiftungen? Man hört ja immer wieder, es sei ein schrumpfendes Land, in dem junge Leute keine Perspektiven hätten.
Sachsen-Anhalt ist aus der Geschichte heraus ein Land der Moderne. Das Bauhaus kam 1926 nicht ohne Grund nach Mitteldeutschland. Heute hat es eine kleine, aber unglaublich quirlige Gestalterszene – von Künstlern, Designern bis hin zu Modemachern. Inzwischen ist diese Szene sowohl national als auch international stärker vernetzt. Auch von dieser Abenteuerlust zwischen Stendal und Dessau wollen wir in Berlin erzählen.

Die Ausstellung »Beautiful Mind. Ein Schmuckstück für Cranach« läuft vom 20. Mai bis 28. August im Kunstgewerbemuseum am Kulturforum.

Brosche von Bettina Dittlmann: o. T., 2012; Foto: Rene Arnold
Brosche von Bettina Dittlmann: o. T., 2012; Foto: Rene Arnold
Josefine von Hensle; Foto: Rene Arnold
Josefine von Hensle; Foto: Rene Arnold
Halsschmuck von Svenja John: Wittenberg 2014, 2014; Foto: Rene Arnold
Halsschmuck von Svenja John: Wittenberg 2014, 2014; Foto: Rene Arnold
Halsschmuck von Mareen Alburg Duncker: für Eva, 2014; Foto: Rene Arnold
Halsschmuck von Mareen Alburg Duncker: für Eva, 2014; Foto: Rene Arnold
Halsschmuck von Dorothea Prühl: Kragen, 2014; Foto: Rene Arnold
Halsschmuck von Dorothea Prühl: Kragen, 2014; Foto: Rene Arnold

Altes Ägypten zu Besuch in Santiago de Chile

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Eine große Sonderausstellung des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung gastiert derzeit im Centro Cultural Palacio de la Moneda in Santiago de Chile. Die Projektmanagerin und Co-Kuratorin Christina Hanus war bei der einjährigen Planung dabei.

Von Berlin nach Santiago: Die jahrtausendealten Objekte des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung haben eine lange Reise hinter sich. Von April bis August beherbergt das Centro Cultural Palacio de la Moneda in Santiago de Chile 343 altägyptische Objekte aus Berlin. Die Sonderausstellung „Antiguo Egipto – Vida en el Nilo“ ist die erste museale Präsentation über die Welt der Pharaonen in Chile überhaupt und das zweite Kooperationsprojekt der Staatlichen Museen zu Berlin mit dem Ausstellungshaus in Santiago nach der Sonderausstellung des Ethnologischen Museums Berlin im Jahr 2013 „África, Obras de Arte del Museo Etnologico de Berlín“. Der großen Eröffnung der Ausstellung am 19. April ging ein gutes Jahr intensiver gemeinsamer Vorbereitung voraus.

Plakat der Ausstellung  vor dem Centro Cultural La Moneda, in Santiago de Chile © Centro Cultural La Moneda
Plakat der Ausstellung vor dem Centro Cultural La Moneda, in Santiago de Chile
© Centro Cultural La Moneda

Enge Zusammenarbeit
Seit die chilenischen Kollegen zu Beginn des letzten Jahres ihr starkes Interesse geäußert hatten, reifte die Idee einer großen Ausstellung mit einem facettenreichen Überblick über Geschichte, Kunst und Kultur, Alltagsleben und Religion. Beide Partner des Kooperationsprojektes arbeiteten gemeinsam eng an den einzelnen Phasen der Realisierung. Das Konzept der Ausstellung wurde dabei ausschließlich in Berlin entworfen. Unter der Projektleitung von Olivia Zorn, der stellvertretenden Direktorin des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung, arbeitete unser kleines Ausstellungsteam nicht nur kuratorisch an den Inhalten, der Objektauswahl und der didaktischen Umsetzung, sondern verfasste auch alle Ausstellungstexte, stellte die Bildauswahl zusammen und entwickelte darüber hinaus grafische Ideen.

Die Redaktion des begleitenden Ausstellungskataloges mit sämtlichen Beiträgen wurde ebenfalls von unserem Team übernommen. Die Grafiker des Centro Cultural kreierten das passende Layout und gossen letztlich sämtliche Inhalte in eine ästhetische Form, die Lust macht, das Buch in einem Zug durchzublättern – auch wenn es leider nur auf Spanisch erschienen ist. Den chilenischen Architekten ist die lebendige architektonische Gestaltung der Räume zu verdanken, in die sich die Objekte harmonisch einfügen. Die Aufstellung der Objekte erfolgte gemeinsam, wobei das Berliner Team vor allem mit restauratorischer und wissenschaftlicher Beratung zur Seite stand.

Raum „Jenseits“ © Centro Cultural La Moneda
Raum „Jenseits“
© Centro Cultural La Moneda

Geschichte der ägyptischen Hochkultur
In zwei Räumen mit jeweils 620 m² entstand ein vielseitiger und epochenübergreifender Einblick in das Leben am Nil – im Diesseits wie im Jenseits. Der Nil als Lebensader Ägyptens steht dabei als verbindendes Element im Mittelpunkt, da er für die alten Ägypter im Leben wie auch nach dem Tod eine entscheidende Rolle spielte. Denn das Jenseits wurde als Abbild der diesseitigen Welt betrachtet. Der Fluss teilt auf natürliche Weise das Land in Ost und West, in die Welt der Lebenden und die der Verstorbenen, er ist Fruchtbarkeitsquelle und dient als Transportweg.

Innerhalb der Ausstellung wird ein Überblick über die Geschichte der ägyptischen Hochkultur gegeben. Wichtige Bereiche der Ausstellung umfassen dabei die Fauna und Flora des Landes, die gesellschaftliche Hierarchie, das Königtum, Berufsbilder sowie Wohnwelten. Auch die Themenkomplexe Götterwelt und altägyptischer Glaube, Tempel, Kult, Begräbnisriten und Jenseitsvorstellungen werden durch originale Objekte, erläuternde Texte und Bilder dem Besucher näher gebracht. Dabei eröffnet sich die gesamte Bandbreite des altägyptischen Kunsthandwerks, von winzig kleinen Amuletten und aus Goldblech gefertigten, filigranen Fingernagelauflagen über faszinierende Papyri bis hin zu imposanten Skulpturen von Göttern, Königen und Privatpersonen und einem 3,5 Tonnen schweren Sarkophag. Nicht nur die ausgestellten Kultgeräte und Grabbeigaben, sondern selbst die alltäglichsten Gebrauchsgegenstände bergen einen schwer zu beschreibenden Zauber.

Tiervitrine im Raum „Diesseits“ © Centro Cultural La Moneda
Tiervitrine im Raum „Diesseits“
© Centro Cultural La Moneda

Kraftakt aller Beteiligten
Einige Objekte wurden speziell für die chilenische Ausstellung aus der Dauerausstellung des Neuen Museums entliehen, andere Artefakte stammen dagegen aus den Tiefen der Depots, wurden sorgfältig restauriert und können nun zum ersten Mal Besuchern präsentiert werden. Multimediale Angebote wie beispielsweise zwei Filme, deren Skript das Ägyptische Museum und Papyrussammlung zusammen mit der Filmagentur Sammler&Jäger erarbeitet hat, runden das Erlebnis der Ausstellung ab.

Ein solch umfangreiches Ausstellungsprojekt in knapp einem Jahr mit einem kleinen ambitionierten Team auf die Beine zu stellen, bedeutete einen Kraftakt aller Beteiligten. Das Projektteam ist seinen Kolleginnen und Kollegen für die tatkräftige Unterstützung zu großem Dank verpflichtet und stolz und glücklich, diese Herausforderung gemeistert zu haben. Die große Begeisterung in Chile für das Thema „Altes Ägypten“ beflügelte stets die Zusammenarbeit beider Projektpartner. Wir wünschen den chilenischen Besuchern eine spannende Entdeckungsreise ins Alte Ägypten und viel Freude an dieser exquisiten Präsentation einer faszinierenden Hochkultur, die Europa seit Jahrhunderten in ihren Bann schlägt.

Plakate am Eingang des Centro Cultural La Moneda, in Santiago de Chile © Centro Cultural La Moneda
Plakate am Eingang des Centro Cultural La Moneda, in Santiago de Chile
© Centro Cultural La Moneda
Raum „Diesseits“ © Centro Cultural La Moneda
Raum „Diesseits“
© Centro Cultural La Moneda
Raum „Diesseits“ © Centro Cultural La Moneda
Raum „Diesseits“
© Centro Cultural La Moneda
Raum „Jenseits“ © Centro Cultural La Moneda
Raum „Jenseits“
© Centro Cultural La Moneda
Raum „Jenseits“ © Centro Cultural La Moneda
Raum „Jenseits“
© Centro Cultural La Moneda
Raum „Jenseits“ während der Eröffnungsfeier. Im Vordergrund die Umrisszeichnung einer Mumie mit darauf platzierten Amuletten und Goldauflagen.   © Centro Cultural La Moneda
Raum „Jenseits“ während der Eröffnungsfeier. Im Vordergrund die Umrisszeichnung einer Mumie mit darauf platzierten Amuletten und Goldauflagen.
© Centro Cultural La Moneda

Die Ausstellung “Antiguo Egipto – Vida en el Nilo” findet noch bis 14. August 2016 im Centro Cultural Palacio de la Moneda in Santiago de Chile statt. Weitere Informationen gibt es im Netz und auf Facebook.

ZEDIKUM auf der Museumsinsel: Ein Streifenlichtscanner holt die Antike ins digitale Zeitalter

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Auf der Museumsinsel werden derzeit die archäologischen Bestände digital gescannt. Wir sprachen mit der erfahrenen Vermessungsingenieurin Fanet Göttlich und schauten ihr bei der Dokumentationsarbeit über die Schulter.

Über eine Million archäologische Objekte aus 12 Jahrtausenden finden sich auf der Museumsinsel. Ein neues Forschungsprojekt, initiiert vom Vorderasiatischen Museum, befördert dieses unvergleichbare Kulturerbe jetzt ins digitale Zeitalter: ZEDIKUM (Deutsches Zentrum für Digitale Kulturgüter in Museen). Der Verbund der fünf archäologischen Museen auf der Mueseumsinsel will über neue Verfahren 3D-Objektdaten gewinnen, aber auch die Möglichkeiten der Speicherung dieses neuen Wissens untersuchen. Das Forschungsprojekt wird aus Mitteln der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien finanziert und vom Direktor des Vorderasiatischen Museums, Markus Hilgert, koordiniert.
In diesem Rahmen sollen auch die wichtigsten Stücke der Museumsinsel eingescannt werden. Diesen Bereich des Projekts verantwortet Fanet Göttlich. Seit 10 Jahren ist die Vermessungsingenieurin schon in der dreidimensionalen Dokumentation tätig. Wir haben sie bei ihrer Arbeit begleitet.

Frau Göttlich, Sie arbeiten im Archäologischen Zentrum an einem Streifenlicht-Scanner. Wie funktioniert er?
Der Scanner besteht aus zwei Kameras links und rechts und einem Projektor in der Mitte. Der Projektor wirft Licht streifenförmig auf ein Objekt, zum Beispiel ein antikes Siegel: daher der Name „Streifenlichtscanner“. Ist ein Objekt dreidimensional, verzerrt es diese Lichtstreifen je nach seiner Form. Die Kameras machen Fotos dieses einzigartigen Streifenmusters. Das Objekt rotiert dabei auf einem Drehtisch, der Scanner nimmt es bei jeder Position auf. Mit verschiedenen Berechnungsmethoden – dem Triangulationsverfahren, dem codierten Lichtansatz sowie der Lichtschnitt- und Phasenshiftverfahren – können wir daraus eine dreidimensionale Punktwolke generieren. Über diese virtuelle Oberfläche werden dann die zusätzlich gemachten Fotos gemappt. Ergebnis ist ein hochaufgelöstes texturiertes 3D-Oberflächenmodell.

Wie groß können die Objekte sein, die Sie scannen?
Wir können hier Bereiche von bis zu einem Meter erfassen. Theoretisch kann man die daraus entstehenden Scans kombinieren und noch weit größere Objekte erfassen. Aber auch winzig kleine Objekte im Zentimeterbereich sind möglich. Die Auflösung des Scanners liegt dabei im Mikrometer-Bereich.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie bei Ihrer Arbeit?
Wenn ein Objekt größer als einen Meter ist und mehrere Scans kombiniert werden müssen, erschwert das natürlich den Scanvorgang. Außerdem ist die Oberflächenbeschaffenheit extrem wichtig: Glatte Oberflächen können wir besser ausleuchten als stark reliefierte. Das Objekt sollte weder das Licht „schlucken“, wie das bei sehr dunklen Oberflächen der Fall sein kann, noch zu stark reflektieren. Der „Berliner Goldhut“ im Museum für Vor- und Frühgeschichte ist ein Beispiel dafür: Seine Oberfläche ist aus Gold und glänzt daher stark. Zusätzlich kann man sein Inneres sehr schwer ablichten. Der Schaft wäre zu schmal, um ihn mithilfe des Scanners auszuleuchten und aufzunehmen. In so einer Situation müssen wir auf andere Verfahren zurückgreifen, zum Beispiel die photogrammetrische Methode „structure from motion“ und dafür vielleicht mit einer kleinen medizinische Kamera in den Hut hineinreichen.

Wie profitiert die Wissenschaft von ZEDIKUM?
An einem Scan können verschiedene Aspekte eines Objekts sichtbar gemacht und besser erforscht werden. Bei reliefierten Gegenständen können wir etwa die Textur ausblenden, was das Lesen vereinfacht. Rollsiegel sind dafür gute Beispiele: Auf ihnen finden sich sehr viele Informationen die aber viel besser sichtbar werden, wenn man das Siegel auf einem weichen Grund abrollt. Durch die Digitalisierung können wir jetzt per Scan „abrollen“ und das antike Original wird geschont. Durch unterschiedliche Algorithmen und Darstellungsweisen der Oberfläche des 3D-Modells kann man zudem den Herstellungsprozess sichtbar machen. Archäologen können dadurch einschätzen, ob es sich um Original oder Fälschung handelt.
Durch die Digitalisierung ist es außerdem möglich, Objekte digital „aufzuschneiden“, ohne dass das Original angerührt wird. Forscher auf der ganzen Welt können auf digitalisierte Schriften und Kulturgüter zugreifen, auch wenn sie sich in unterschiedlichen Sammlungen befinden – Zusammenhänge sind so neu erschließbar.

Kommt das Projekt auch dem Museumsbesucher zugute?
Das ist auch ein Ziel von ZEDIKUM. Wir stellen uns interaktive Angebote vor, aber auch „augmented“ und „virtual reality“ sollen in den neuen Konzepten umgesetzt werden. Probemodelle dafür existieren bereits. Stellen Sie sich einen virtuellen Rundgang durch das antike Babylon vor – oder exakte 3D-Drucke von antiken Statuen, die man aus dem Museumsshop dann mit nach Hause nehmen kann!

Eine Mitarbeiterin des Deutschen Zentrum für Digitale Kulturgüter in Museen (ZEDIKUM) digitalisiert eine Tontafel mithilfe eines Streifenlichtscanners. ZEDIKUM entwickelt Verfahren und Methoden für die digitale Sicherung und Dokumentation von archäologischen Sammlungsobjekten, um neue Grundlagen für die Erforschung, den Kulturgutschutz, aber auch für webbasierte Vermittlungsmethoden zu schaffen. © SPK / photothek.net / Thomas Imo
Eine Mitarbeiterin des Deutschen Zentrum für Digitale Kulturgüter in Museen (ZEDIKUM) digitalisiert eine Tontafel mithilfe eines Streifenlichtscanners. ZEDIKUM entwickelt Verfahren und Methoden für die digitale Sicherung und Dokumentation von archäologischen Sammlungsobjekten, um neue Grundlagen für die Erforschung, den Kulturgutschutz, aber auch für webbasierte Vermittlungsmethoden zu schaffen. © SPK / photothek.net / Thomas Imo
ZEDIKUM ermöglicht die Nachnutzung digitaler Daten für neuartige Vermittlungsformate im Museum. Augmented reality-Anwendung etwa holen Informationen zum Kontext eines Objekts auf das Smartphone des Besuchers. © SPK / photothek.net / Thomas Imo
ZEDIKUM ermöglicht die Nachnutzung digitaler Daten für neuartige Vermittlungsformate im Museum. Augmented reality-Anwendung etwa holen Informationen zum Kontext eines Objekts auf das Smartphone des Besuchers. © SPK / photothek.net / Thomas Imo
Das Projekt entwickelt auch Technologien, die ein mobiles, kostengünstiges 3D-Scannen ermöglichen sollen und in Krisengebieten zum Einsatz kommen können. © SPK / photothek.net / Thomas Imo
Das Projekt entwickelt auch Technologien, die ein mobiles, kostengünstiges 3D-Scannen ermöglichen sollen und in Krisengebieten zum Einsatz kommen können. © SPK / photothek.net / Thomas Imo
Der Streifenlichtscanner von ZEDIKUM im Einsatz. (c) Staatliche Museen zu Berlin, Vorderasiatisches Museum
Der Streifenlichtscanner von ZEDIKUM im Einsatz. (c) Staatliche Museen zu Berlin, Vorderasiatisches Museum

Das Universalmuseum im Netz

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19 Museumsgebäude, 15 Sammlungen und vier Institute auf einer einzigen Website – wie geht das? Fabian Fröhlich, stellvertretender Leiter des Referats Presse, Kommunikation, Sponsoring über den neuen Internetauftritt und die komplizierte Struktur der Staatlichen Museen zu Berlin.

Seit einigen Wochen haben die Staatlichen Museen zu Berlin einen neuen Internetauftritt. Was war das Ziel dieser Überarbeitung?

Der letzte Relaunch war 2013, und im Laufe von drei Jahren wächst natürlich die Wunschliste mit Punkten, die man gerne verbessern würde. Dank einer Zuwendung des Kuratoriums Preußischer Kulturbesitz konnten wir das im letzten Jahr dann auch angehen. Wir haben das ursprüngliche, von der Kommunikationsagentur BOROS entworfene Layout gemeinsam mit der Agentur xmental TYPO3 Lösungen weiterentwickelt und an verschiedenen Stellen nachjustiert, sowohl hinsichtlich des Layouts als auch der Struktur und verschiedener Funktionen. Wichtig waren uns eine plakativere Gesamtwirkung, eine übersichtlichere Navigation und eine Stärkung der Einstiegsseiten für die einzelnen Museen – und das alles auch im Hinblick auf mobile Endgeräte. Responsive war das Webdesign auch vorher, aber eben doch noch sehr vom Desktop her gedacht.

Screenshot der alten Homepage der Staatlichen Museen zu Berlin
Screenshot der alten Homepage der Staatlichen Museen zu Berlin

 

Screenshot der neuen Homepage der Staatlichen Museen zu Berlin
Screenshot der neuen Homepage der Staatlichen Museen zu Berlin

Und was genau hat sich im Vergleich zur alten Website verändert?

Für eine bessere Darstellung auf dem Smartphone wurden zum Beispiel Schriften verändert, die Ladezeit von Bildern reduziert oder die verschiedenen Bildformate und doppelten Slideshows abgeschafft. Und durch eine größere Anzahl von flexibel belegbaren Teaserboxen und den Kalender auf der Startseite haben wir jetzt mehr Möglichkeiten, Inhalte, die uns wichtig sind, prominent zu platzieren.

Noch deutlicher als auf der übergreifenden Startseite sieht man die Veränderung bei den Einstiegsseiten der einzelnen Museen. smb.museum/home hat zwar eine wichtige Portalfunktion, aber in der Summe viel häufiger sind Quereinstiege. Oft googelt man ja z.B. ein bestimmtes Museum, das man besuchen will, und dann landet man direkt bei dem entsprechenden Haus.

Bei der alten Website wurde man bei diesen Einstiegsseiten jeweils von einem einzigen Bild, einem Fließtext und drei Menüs mit bis zu 40 Menüpunkten empfangen. Es gab keine zweite Navigationsebene und nur wenige Möglichkeiten der Gliederung. Das haben wir bei allen Museen und Sammlungen umstrukturiert und – wie wir hoffen – übersichtlicher und attraktiver gestaltet. Wie bei smb.museum/home sieht man nun auch bei den Seiten der Häuser und Sammlungen sofort die aktuellen Ausstellungen in einem Slider, und gibt es die Möglichkeit, verschiedene Inhalte mit Bildern zu teasern. Das heißt, die Einstiegsseiten für die Museen – wie zum Beispiel dem Museum Europäischer Kulturen – sehen jetzt tatsächlich wie Startseiten aus und nicht wie irgendwelche Unterseiten.

Screenshot der alten Homepage des Museums Europäischer Kulturen
Screenshot der alten Homepage des Museums Europäischer Kulturen

 

Screenshot der neuen Homepage des Museums Europäischer Kulturen
Screenshot der neuen Homepage des Museums Europäischer Kulturen

So eine Website neu zu bauen ist bestimmt eine Mammutaufgabe. Was sind dabei die größten Herausforderungen?

Die größte Herausforderung bei der Arbeit mit der Website ist einfach die Größe der Staatlichen Museen zu Berlin als Einrichtung. Es geht nicht nur um ein einzelnes Museum, sondern um einen ganzen Kosmos von Museen, Sammlungen und Instituten an verschiedenen Standorten, der abgebildet werden muss. Das ist zunächst mal eine Menge Content: ungefähr 1800 Seiten in TYPO3 plus jährlich weit mehr als 1000 neue Seiten für einzelne Ausstellungen, Veranstaltungen, Nachrichten, Pressemitteilungen und Pressefotos, die über eine Schnittstelle aus einem internen Raum- und Terminplaner namens SMart eingespielt werden. Fast alles jeweils auf Deutsch und Englisch.

Bedingt durch die Größe kam bei diesem Projekt ein gewisser Schmetterlingseffekt hinzu: Man beschließt, etwas im Detail zu ändern, und merkt erst allmählich, was das an anderer Stelle für Konsequenzen hat. Wir haben zum Beispiel unterschätzt, was es heißt, 38 verschiedene Hauptmenüs und Startseiten neu zu strukturieren. Wir mussten überhaupt erstmal ein Schema finden, das auf alle anwendbar ist, dabei aber auch genügend Varianz und Flexibilität zulässt. Die ursprüngliche Leistungsbeschreibung für die Agentur passte auf zwei Seiten – da war uns noch nicht wirklich klar, was auf uns zukommt. Vor allem für die Kolleginnen, die die Website redaktionell betreuen, kam dieses Projekt noch zum eigentlichen Tagesgeschäft dazu, das war schon eine große Belastung. Gemessen an der Menge der Museen und der Inhalte, die wir kommunizieren, sind wir personell nicht allzu üppig ausgestattet. Für Projekte, die über den Basisbetrieb hinausgehen, also zum Beispiel für den Blog, sind wir auf Drittmittel angewiesen.

Mindestens genauso herausfordernd wie die reine Größe finde ich für die Website aber die Struktur der Staatlichen Museen zu Berlin, die einfach sehr komplex ist. Was wir nach außen kommunizieren, sind an erster Stelle die 19 Museen (einschließlich der Neuen Nationalgalerie und der Friedrichswerderschen Kirche, die zurzeit geschlossen sind). Die hinter diesen Museen liegende Binnenstruktur, die auch die interne Organisation prägt, besteht aber aus 15 Sammlungen plus vier Instituten. Wie man auf der Überblicksseite sieht, sind Museumsgebäude und Sammlungen in Teilen deckungsgleich, meistens aber nicht. Die Nationalgalerie zum Beispiel ist auf fünf Häuser verteilt. Umgekehrt sind im Pergamonmuseum drei Sammlungen beheimatet: Antikensammlung, Vorderasiatisches Museum und Museum für Islamische Kunst. Jede dieser Sammlungen hat einen Direktor und jede hat ein Logo, durch das sie auf Printprodukten zum Beispiel als Veranstalter einer Ausstellung auftritt – ein Gebäude wie das Pergamonmuseum hat weder das eine noch das andere. So etwas ist nach außen nicht immer ganz einfach zu vermitteln.

Screenshot der Seite Museumsgebäude
Screenshot der Seite Museumsgebäude

Für die meisten Museumsbesucher ist ja vor allem das jeweilige Haus wichtig, in das sie gehen – weniger die Sammlungen oder eine vergleichsweise abstrakte Größe wie die Staatlichen Museen zu Berlin. Aber auch die Sammlungen haben als historisch gewachsene Institutionen mit jeweils eigenem Profil ein berechtigtes Interesse daran, sich darzustellen. Und für die Wissenschafts-Community sind z. B. die Antikensammlung oder das Münzkabinett relevanter als das Alte Museum oder das Bode-Museum. Als weitere Hierarchieebenen kommen dann noch die Generaldirektion hinzu, in der Querschnittsaufgaben wie die IT oder Bildung und Kommunikation angesiedelt sind, und die übergeordnete Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der wir alle gehören. Die Stiftung wiederum bildet einen noch umfassenderen Kosmos von Museen, Bibliotheken, Instituten und Archiven.

Da muss man sich immer wieder mit der Frage auseinandersetzen: Was von dieser Struktur ist für die Besucheransprache eigentlich relevant? Und was vielleicht vor allem für uns selbst? Wie gewichtet man das jeweils, und welche Information könnte man auch weglassen? Das gilt nicht nur für die Website, sondern für die Kommunikation insgesamt. Da geht es auch darum, wer überhaupt der Absender von Inhalten ist und wer die Adressaten.

Wir fragen uns ja auch manchmal selbst: Wer, der das nicht aus der Innensicht kennt, soll diese verschachtelte Struktur um Himmels Willen verstehen? Die Website versucht zwar, alles darzustellen und nachvollziehbar zu machen, aber das macht sie in ihren ganzen Verzweigungen und Verknüpfungen auch ziemlich labyrinthisch.

Wäre das ein Wunsch für die Zukunft? Die Website weniger komplex zu machen?

Manchmal schaue ich schon ein wenig neidvoll auf Websites anderer Museen und denke: Wow, wie schlank, wie übersichtlich. Wie haben die das hinbekommen, ihre Navigation derart zu vereinfachen? Aber gerade bei den Museums-Websites, die mich wirklich begeistern, handelt es sich in der Regel um Häuser, bei denen alles unter einem Dach vereint ist. Ich habe bisher noch kein Vorbild gefunden, das auf uns übertragbar wäre.

Der Gedanke, mal Tabula rasa zu machen, und den Internet-Auftritt nicht nur innerhalb der bestehenden Strukturen nachzubessern, sondern völlig neu zu denken, ist schon verführerisch. Aber einfach den Content zu reduzieren, kann natürlich keine Lösung sein. Wenn man etwas anders machen wollte, hieße das eher, über klarere Strukturen, über bestehende und neue Kanäle und Formate und über Personal nachzudenken. Unser Ziel sollte sein, noch mehr zu erzählen, nicht weniger. Geschichten haben wir ja genug.

Titelbild: Ingo Morgenroth

Zehnerpack: 10 Plakate ohne große Worte

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Die Ausstellungsreihe “100 beste Plakate” in der Kunstbibliothek präsentiert einmal jährlich eine Auswahl an Grafikdesign und Plakatkunst aus dem deutschsprachigen Raum. Wir präsentieren euch 10 Plakate, die ohne große Worte auskommen. Nummer 4 enthält einen Kanister.

1. Bunte Streifenlandschaft

Timo Lenzen: Striped Hills (c) Timo Lenzen / 100 Beste Plakate e. V.
Timo Lenzen: Striped Hills (c) Timo Lenzen / 100 Beste Plakate e. V.

Hierbei handelt es sich nicht um eine Imagekampagne für psychedelische Landschaftsgärtnerei oder den Brandenburgischen Hügelwanderverein.
Timo Lenzen (Frankfurt am Main) gestaltete das abstrakte Werbeplakat „Striped Hills“ für den Auftraggeber Durex China, Shanghai. Beworben wird das Produkt »Pleasure Gel« der Marke Durex für den chinesischen Markt – wer genau hinsieht, erkennt auch die wahre Natur der Hügellandschaft …

2. Frau in Rot

Fons Hickmann: "2. Juni 1967" (c) Fons Hickmann / 100 Beste Plakate e. V.
Fons Hickmann: “2. Juni 1967″ (c) Fons Hickmann / 100 Beste Plakate e. V.

Was auf den ersten Blick wie ein avantgardistisches Theaterplakat wirkt, hat in Wirklichkeit einen historischen Hintergrund. Geschichtsfreaks können mit dem Datum 2. Juni 1967 vielleicht etwas anfangen, allen anderen helfen wir auf die Sprünge:
Der Beitrag von Fons Hickmann (Berlin) wurde für die Londoner Ausstellung »Bring the War Home« konzipiert. Designer und Künstler wurden eingeladen, ein Plakat zu einer Terror-Organisation aus ihrem Land zu gestalten. Das Plakat »2. Juni 67« zeigt die trauernde Witwe Christa Ohnesorg, deren Mann Benno Ohnesorg an besagtem Tag am Rande einer Demonstration von einem Polizisten erschossen wurde. In der Folge radikalisierten sich viele Studenten und gründeten die linksextremistische Terrorgruppe „Bewegung 2. Juni“, deren Mitglieder später wiederum in die Gründung der Roten Armee Fraktion involviert waren.

3. Linien am Horizont

Mario Moths: "Lampedusa" (c) Mario Moths (mm design) / 100 Beste Plakate e. V.
Mario Moths: “Lampedusa” (c) Mario Moths (mm design) / 100 Beste Plakate e. V.

Das Plakat „Lampedusa“ von Mario Moths (mm design, Marl) sieht schöner aus, als sein Anlass ist:
Zehntausende von Flüchtlingen machen sich auf den gefährlichen Weg über das Mittelmeer nach Europa. In den letzten Jahren ist die Zahl der Boat-People stark angestiegen und mit ihr auch die Zahl der ertrunkenen Flüchtlinge. Das »SOS«-Zeichen am Horizont des Mittelmeers ist Hilferuf und Hoffnungsträger gleichermaßen und fordert zur Unterstützung auf.

4. Kommunikation mit Kanister

Benjamin Wurster: „Dünger für Gestalter“ (c) Benjamin Wurster / 100 Beste Plakate e. V.
Benjamin Wurster: „Dünger für Gestalter“ (c) Benjamin Wurster / 100 Beste Plakate e. V.

Ob subtile Kritik an der Agrarökonomie oder ein Seitenhieb auf‘s Industriedesign bei diesem Plakatmotiv mit hineinspielen, wissen wir nicht – nur so viel: Der Entwurf von Benjamin Wurster (Gärtringen) mit dem Titel „Dünger für Gestalter“ war ein Projektauftrag an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und kündigt mehrere Designvorträge ebendort an.

5. Klare Besitzverhältnisse

Steffen Knöll: Griechenlands neuer Eigentümer (c) Steffen Knöll / 100 Beste Plakate e.V.
Steffen Knöll: Griechenlands neuer Eigentümer (c) Steffen Knöll / 100 Beste Plakate e.V.

Wenig subtil, dafür umso wirkungsvoller äußert Steffen Knöll (Stuttgart) seine Kritik an der Europäischen Finanzkrise und der Situation Griechenlands. Das Plakat „Griechenlands neuer Eigentümer“ entstand aus Eigeninitiative in den Druckwerkstätten der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und wurde als politisches Statement „wild“ plakatiert.

6. Auf dem Schlauch

Ben El Halawany: I've got Hose (c) Ben El Halawany  / 100 Beste Plakate e.V.
Ben El Halawany: I’ve got Hose (c) Ben El Halawany / 100 Beste Plakate e.V.

Bei diesem Motiv steht man nicht lange auf dem Schlauch: Ben El Halawany (Stuttgart) setzt sich mit seiner Arbeit „I’ve Got Hose“, einem Projektauftrag an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, mit dem Thema Wasser auseinander:
„Was passiert wenn wir den Hahn aufdrehen? Anlässlich der Einführung des wasserbasierten Siebdrucks an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart wurden Plakate zum Thema »Wasser« gestaltet und anschließend in der Ausstellung »DETOX« gezeigt.“

7. Spiel mit dem Feuer

Lex Drewinski: Spiel mit dem Feuer (c) Lex Drewinski  / 100 Beste Plakate e.V.
Lex Drewinski: Spiel mit dem Feuer (c) Lex Drewinski / 100 Beste Plakate e.V.

Noch ein politisches Statement, das ohne viele Worte auskommt: Lex Drewinski (Falkensee bei Berlin) bezieht mit seinem Plakat „Spiel mit dem Feuer“ zu den Ereignissen an der türkisch-syrischen Grenze Stellung, welche zu einem immer noch aktuellen Konflikt zwischen Russland und der Türkei führten.

8. Stein des Anstoßes

Malwin Béla Hürkey: Small Cause (c) Malwin Béla Hürkey / 100 Beste Plakate e.V.
Malwin Béla Hürkey: Small Cause (c) Malwin Béla Hürkey / 100 Beste Plakate e.V.

Das Gesetz von Ursache und Wirkung in Aktion: Ursache war in diesem Fall eine sechsmonatige Praktikumsphase der Kommunikationsdesign-Studierenden der Hochschule RheinMain, Wirkung die „Nachhall“-Ausstellung, in der die daraus entstandenen Plakate gezeigt wurden. Mit dabei war unter anderem diese Arbeit mit dem Titel „Small Cause“ von Malwin Béla Hürkey (Wiesbaden).

9. Red Skies over Paradise

Martin Geel und Klaus Fromherz: KKL Luzern (c) Martin Geel und Klaus Fromherz (Peng Peng) / 100 Beste Plakate e.V-
Martin Geel und Klaus Fromherz: KKL Luzern (c) Martin Geel und Klaus Fromherz (Peng Peng) / 100 Beste Plakate e.V-

Karibik? Südsee? Weit gefehlt! Dieser romantische rote Himmel gehört tatsächlich zur Schweiz. Martin Geel und Klaus Fromherz (Peng Peng, Luzern) verewigen in ihrem Plakat das Kulturzentrum KKL Luzern. Der Entwurf wurde als Beitrag zur Initiative des Vereins Weltformat für neue Plakate zu touristischen Zielen in der Zentralschweiz eingereicht. Das Plakat wurde gemeinsam mit allen im Rahmen der Initiative entstandenen Plakaten im Verkehrshaus Luzern gezeigt.

10. schwarz-weiße Kontraste

Ivan Weiss und Michael Kryenbühl: "Migration und Flucht" (c) Ivan Weiss, Michael Kryenbühl (Johnson / Kingston, Luzern) /100 Beste Plakate e. V.
Ivan Weiss und Michael Kryenbühl: “Migration und Flucht” (c) Ivan Weiss, Michael Kryenbühl (Johnson / Kingston, Luzern) /100 Beste Plakate e. V.

Ivan Weiss und Michael Kryenbühl (Johnson / Kingston, Luzern) setzen sich in ihrem eindrücklichen Plakat mit dem Thema Migration und Flucht auseinander: „Es ist höchste Zeit, dass Plakatkünstlerinnen und Plakatkünstler ein starkes Zeichen für eine offene und solidarische Gesellschaft setzen. Aus aktuellem Anlass haben Yannick Gauch und Andrin Stocker im Rahmen des Plakatfestivals Weltformat eine Sonderausstellung zum Thema »Migration und Flucht« auf die Beine gestellt, für welche Grafikerinnen und Grafiker ein Plakat zur Thematik gestalteten. Unser Plakat thematisiert das zunehmend groteske Nebeneinander von Freud und Leid, Arm und Reich, Flucht und Alltagsflucht.“

Die Reihe “100 Beste Plakate” wird vom 100 Beste Plakate e.V. ausgerichtet. Die 15. Ausgabe findet vom 17. bis 26. Juni 2016 im Kulturforum statt, ab der Eröffnung werden alle 100 Plakate online vorgestellt. Nach der Auftaktausstellung in Berlin wird die Ausstellung in Wien, Nürnberg, La Chaux de Fonds, Luzern, Dornbirn, Essen und Seoul gezeigt.

Geschichte in Scherben: Die Grabvasen der Antikensammlung

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Als sie 1977 in der Antikensammlung anfing, hielt Ursula Kästner die Folgen des Zweiten Weltkriegs förmlich in den Händen: Zahlreiche Objekte – unsortiert, beschädigt, unzeigbar. Mit ihrer Ausstellung zu antiken Großvasen nimmt die Kustodin Abschied von der Museumsinsel und einer ihrer letzten Sammlungsruinen.

Frau Kästner, was war Ihr erstes Einsatzgebiet, als Sie an die Antikensammlung kamen?
Ich kümmerte mich um einen Teilbestand der Architektur Pergamons. Mit einem alten Notizbuch eines Pergamon-Ausgräbers und Fachpublikationen ausgestattet machte ich mich daran, Objekt um Objekt zu identifizieren – eine echte Geduldsarbeit.

Wieso war es nötig, das Material wieder zu sortieren?
Vieles der Antikensammlung stammt aus Fundteilungen von Grabungen im 19. Jahrhundert und alten Beständen. Der Zweite Weltkrieg wirbelte die Sammlung gehörig durcheinander, denn bis auf die Monumentalarchitektur mussten die Museen zum Schutz geräumt werden. Ein Teil kam in die Keller des Pergamonmuseums. Den anderen schaffte man in Bunker inner- und außerhalb Berlins. Nach 1945 brachten die Alliierten zahlreiche Objekte zu „Collecting Points“ und später nach West-Berlin. Der Sammlungsteile in der sowjetischen Besatzungszone gingen nach Russland. Was von dort zurückkam, ist in Ost-Berlin registriert und identifiziert worden – dazu brauchte es aber mehrere Jahrzehnte bis heute.

Ursula Kästner © SPK / Werner Amann
Ursula Kästner © SPK / Werner Amann

Macht sich das in der Antikensammlung auch heute noch bemerkbar?
Definitiv. Folgen des Krieges sind die Verluste, welchen wir in den verschiedenen Sammlungsbereichen nachspüren. Nun habe ich die große Überraschung erlebt, dass sich noch eine Menge kriegsbedingt verlagerte Vasen in Moskauer Museen befinden. Erfreulicherweise haben wir die Chance, gemeinsam mit den russischen Museen diese Bestände zu erforschen. Andererseits spüren wir auch den Provenienzen unserer Objekte nach und konnten ein Projekt zum Fremdbesitz beginnen.

In der Ausstellung „Gefährliche Perfektion – Antike Grabvasen aus Apulien“ zeigen Sie Objekte aus der Antikensammlung, die wiederhergestellt werden mussten. Wie kam es dazu?
Meine letzte Ausstellung dreht sich um dreizehn Vasen des 4. Jahrhunderts v. Chr. aus Apulien in Süditalien. Sie zählten zu den letzten „Kriegsruinen“ unserer Vasensammlung. Man hatte sie im 19. Jahrhundert zerbrochen gefunden und mit Leim gekittet. Viele dieser alten Klebungen sind im Krieg wieder aufgegangen und die Vasen sind erneut zerfallen. Seit 2008 haben wir sie zusammen mit dem amerikanischen J. Paul Getty Museum mit modernsten Methoden vollends hergerichtet und ihre Geschichte genau untersucht. Heute können wir sie endlich wieder präsentieren.

Die schlanke Loutrophoros F 3264 sieht auf den ersten Blick fast intakt aus. Nur die Fehlstelle am Deckel weist darauf hin, dass hier Restaurierungen notwendig waren. Unter UV-Licht wird jedoch klar, dass große Teile des Gefäßkörpers phantasievolle Ergänzungen oder Übermalungen des 19. Jh. sind, v.a. der Reiter in der unteren Reihe. © Courtesy J. Paul Getty Museum; photos: Tahnee Cracchiola’
Die schlanke Loutrophoros F 3264 sieht auf den ersten Blick fast intakt aus. Nur die Fehlstelle am Deckel weist darauf hin, dass hier Restaurierungen notwendig waren. Unter UV-Licht wird jedoch klar, dass große Teile des Gefäßkörpers phantasievolle Ergänzungen oder Übermalungen des 19. Jh. sind, v.a. der Reiter in der unteren Reihe. © Courtesy J. Paul Getty Museum; photos: Tahnee Cracchiola’

Im Projekt wurden also die Restaurierungen aus dem 19. Jahrhundert restauriert?
Nicht immer. Diese Vasen wurden als Scherben im 19. Jahrhundert geborgen und schon beim Zusammensetzen merkte man damals, dass Einiges fehlte. In dieser Zeit zögerte man nicht, solche Leerstellen auszumalen, auch wenn das Ursprungsbild nicht mehr da war. Manche Szenen wurden sogar neu hinzugefügt. In der antiken Vasenmalerei zählt aber jedes Detail. Ist eine Stelle verfälscht, kann sich die Bedeutung der ganzen Figur und Szene ändern. Die Vase erzählt plötzlich eine andere Geschichte.

Wie haben Sie diese Stellen identifiziert?
Nicht alles ist mit bloßem Auge erkennbar. Unter UV-Licht beginnen die hinzugefügten und übermalten Stellen aber zu leuchten, da sie andere Farbmittel aufweisen als das Original. Dass man im 19. Jahrhundert nicht zimperlich war, sieht man, wenn man die Vasen röntgt. Dann zeigen sich im Innern Metallklammern. Die Restauratoren in Neapel haben die Vasen nicht nur geklebt, sondern auch ‚zusammengetackert‘. Um das Flickwerk zu verkaufen, beklebten sie sie innen mit Textil und verschmierten sie. Manche waren dabei unglaublich geschickt. Schaute der Sammler dann hinein, freute er sich über eine scheinbar intakte Vase mit ‚antiker‘ Erdkruste.

Bildunterschrift: Die schlanke Loutrophoros F 3264 sieht auf den ersten Blick fast intakt aus. Nur die Fehlstelle am Deckel weist darauf hin, dass hier Restaurierungen notwendig waren. Unter UV-Licht wird jedoch klar, dass große Teile des Gefäßkörpers phantasievolle Ergänzungen oder Übermalungen des 19. Jh. sind, v.a. der Reiter in der unteren Reihe. © Courtesy J. Paul Getty Museum; photos: Tahnee Cracchiola’
Die schlanke Loutrophoros F 3264 sieht auf den ersten Blick fast intakt aus. Nur die Fehlstelle am Deckel weist darauf hin, dass hier Restaurierungen notwendig waren. Unter UV-Licht wird jedoch klar, dass große Teile des Gefäßkörpers phantasievolle Ergänzungen oder Übermalungen des 19. Jh. sind, v.a. der Reiter in der unteren Reihe. © Courtesy J. Paul Getty Museum; photos: Tahnee Cracchiola’

Warum haben Sie diese Elemente nicht entfernt?
Unsere Kollegen in den USA und wir haben dazu lange und hartnäckig diskutiert. An mehreren Vasen haben wir die Ergänzungen des 19. Jahrhunderts entfernt, weil sie unansehnlich geworden waren und wegen der Stabilität des Gefäßes. Bei zwei Vasen haben wir uns aber dagegen entschieden und sie in ihrem Zustand belassen. Diese Vasen sind – im wahrsten Sinne des Wortes – verklammert mit dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Diesen Teil ihrer Geschichte auszulöschen erschien uns falsch, immerhin sind die hinzugefügten Malereien Zeugnisse eines ganz eigenen Zeitgeistes.

Geht man heute also unverkrampfter mit den wechselvollen Biographien von Kulturgütern um?
Man ist nun offener, ja. Bis weit in die 1980er Jahre war das anders. In den Wohnzimmern wurden an den Jugendstilschränken die Verzierungen abgeschlagen. Man war gnadenlos sachlich. Auch in Museen hatte man sehr lange wenig Sinn für die Methoden des 19. Jahrhunderts. Viele alte Ergänzungen und Zusätze wurden in den 1960ern demontiert. Diese Entrestaurierungswut hat sich überlebt. Heute beschäftigen sich Museen viel stärker mit dem Werdegang von Objekten und machen ihn für Besucher sichtbar.

Die schlanke Loutrophoros F 3264 sieht auf den ersten Blick fast intakt aus. Nur die Fehlstelle am Deckel weist darauf hin, dass hier Restaurierungen notwendig waren. Unter UV-Licht wird jedoch klar, dass große Teile des Gefäßkörpers phantasievolle Ergänzungen oder Übermalungen des 19. Jh. sind, v.a. der Reiter in der unteren Reihe. © Courtesy J. Paul Getty Museum; photos: Tahnee Cracchiola’
Die schlanke Loutrophoros F 3264 sieht auf den ersten Blick fast intakt aus. Nur die Fehlstelle am Deckel weist darauf hin, dass hier Restaurierungen notwendig waren. Unter UV-Licht wird jedoch klar, dass große Teile des Gefäßkörpers phantasievolle Ergänzungen oder Übermalungen des 19. Jh. sind, v.a. der Reiter in der unteren Reihe. © Courtesy J. Paul Getty Museum; photos: Tahnee Cracchiola’

Hat das auch mit einem neuen Bewusstsein der Museen für sich selbst zu tun?
Viele Museen verstehen sich nicht mehr nur als Zeitkapseln der Kunst. Es ist nicht das Ziel, hemmungslos neue Objekte einzukaufen. Im Gegenteil. Die zahlreichen Stücke der Antikensammlung sollen raus aus den Depots und einem breiten Publikum gezeigt werden. Wir wollen diese Schätze in Ausstellungen neu kombinieren, durch neue Medien anders aufbereiten und ihren Kontext genauer erforschen. Auch das schafft frische Perspektiven auf die Vergangenheit.

Das klingt ganz so, als wollten Sie noch lange nicht aufhören …
Die letzten Ausstellungsvorbereitungen laufen und wir organisieren gerade eine begleitende Tagung. Auch an anderen Projekten bin ich noch beteiligt. Klar, ich freue mich auf die freie Zeit, in der ich wieder umfangreicher forschen kann. Aber ich hoffe, auch in Zukunft doch hin und wieder ein Stück der Antikensammlung in die Hand nehmen zu dürfen.

Die Ausstellung „Gefährliche Perfektion – Antike Grabvasen aus Apulien“ findet vom 17. Juni 2016 bis 18. Juni 2017 im Alten Museum statt. Das Interview führte Silvia Faulstich


El Siglo de Oro: Entdecke den Spanier in dir!

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Wie spricht man das aus?!? Wer bei den Künstlern und Werken der großen Sommerausstellung “El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez” Nachhilfe braucht, dem wird mit etwas Glück geholfen – zumindest falls der nette junge Mann aus dem Trailer vor Ort ist.

Trailer zur Ausstellung “El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez“, 1. Juli bis 30. Oktober 2016, Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin,
Produktion des Trailers: bboxxFILME

Umgang mit Denkmälern. Das Berliner Büro von David Chipperfield Architects

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Der britische Architekt David Chipperfield weiß, wie man denkmalgeschützte Gebäude für die Ansprüche des 21. Jahrhunderts rüstet. Unsere Redakteurinnen Constanze von Marlin und Anne Schmedding trafen sich zum Gespräch mit Martin Reichert, Partner im Berliner Büro, und Daniel Wendler, dem Projektleiter für die Neue Nationalgalerie.

In Berlin ist der 1953 in London geborene David Chipperfield seit seinem preisgekrönten Wiederaufbau des Neuen Museums auf der Museumsinsel kein Unbekannter, als sein Architekturbüro 2012 ausgewählt wird, die Grundinstandsetzung der Neuen Nationalgalerie durchzuführen. Vor allem die Berliner Projekte haben ihn weltweit für seinen sensiblen Umgang mit Denkmälern und seinen behutsamen Erweiterungen von Bestandsbauten bekannt gemacht. Der Wiederaufbau des Neuen Museums (1997–2009) und der Entwurf des Neubaus der James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel in Berlin begründen diesen Schwerpunkt. Chipperfield ging es beim Neuen Museum darum, die Ruine in ihrer materiellen Authentizität zu bewahren, vorsichtig zu restaurieren und durch zeitgenössische Elemente zu einem neuen Ganzen zu ergänzen. „Das Neue ergänzt das Alte, behutsam, aber auch selbstbewusst“, so Chipperfield.

Der Londoner Architekt David Chipperfield © Ingrid von Kruse
Der Londoner Architekt David Chipperfield © Ingrid von Kruse

Ein junger Architekt aus London setzt sich durch
Die ersten Entwürfe von Chipperfield, die sich mit einem historischen Kontext auseinandersetzten, sind die Masterpläne für die Altstädte von Verona, Pisa und Salerno oder auch die Teilnahme am Wettbewerb zum Umbau eines Kraftwerks zur Tate Modern in London. Trotzdem war der britische Architekt, als er 1993 eingeladen wurde, am Wettbewerb Museumsinsel teilzunehmen, noch kein ausgewiesener Experte für das Bauen mit Denkmälern, sondern ein relativ unbekannter junger Architekt aus London. Im entscheidenden Gutachterverfahren 1997/98 kann er sich gegen Konkurrenten wie Giorgio Grassi und den amerikanischen Stararchitekten Frank Gehry durchsetzen. Sein gemeinsam mit Julian Harrap entwickeltes, sensibles Konzept des Umgangs mit dem denkmalgeschützten Bestand überzeugt auch im Hinblick darauf, dass die Museumsinsel zu dem Zeitpunkt schon auf der Tentativliste zum Weltkulturerbe stand und 1999 zum Weltkulturerbe erklärt wird.

Die Treppenhalle im Neuen Museum  © SPK / David Chipperfield Architects, Foto Jörg von Bruchhausen
Die Treppenhalle im Neuen Museum © SPK / David Chipperfield Architects, Foto Jörg von Bruchhausen

Im selben Jahr fällt die Entscheidung, das Projekt Neues Museum nicht von London aus zu realisieren. Zu komplex ist die Bauaufgabe, zu intensiv die Absprachen mit Bauherrn und Nutzern und zu detailreich die Belange des Denkmalschutzes. Die selbständige GmbH „David Chipperfield Architects Gesellschaft von Architekten“ wird gegründet und residiert zunächst in zwei Containern auf der Museumsinsel, Ende 1999 erfolgt der Umzug in „richtige“ Büroräume. 2001 gab es eine einjährige Unterbrechung in der Planungs- und Bauphase des Neuen Museums und 20 angestellte Architekten, die bis dahin nur für das eine Projekt tätig waren, hatten auf einmal nichts zu tun. Die Beteiligung an Wettbewerben war die Konsequenz, Aufträge wie für das Literaturmuseum der Moderne in Marbach am Neckar (2002-06) oder das Empire Riverside Hotel in Hamburg (2002–07) folgen. Aus einem Projektbüro wurde endgültig ein autonomes Büro in Berlin.

Berlin wurde feste Größe im Kosmos Chipperfield
2003 fiel die Entscheidung dauerhaft in der deutschen Metropole zu bleiben, der Gewerbehof in der Joachimstraße wurde gekauft und über mehrere Jahre baulich erweitert. 2011 erfolgt die Partnerschaft mit Christoph Felger, Harald Müller, Mark Randel, Martin Reichert, Eva Schad und Alexander Schwarz, die das Berliner Büro gemeinsam mit David Chipperfield aufgebaut haben. Berlin ist damit im Kosmos von David Chipperfield Architects eine feste Größe geworden, die Kantine im Hof wird nicht nur von den Mitarbeitern gerne besucht. 140 Mitarbeiter arbeiten inzwischen für das Berliner Büro des britischen Architekten, es ist damit inzwischen fast doppelt so groß wie das 1985 gegründete Stammhaus in London neben weiteren Büros in Mailand und Shanghai. Von Berlin aus werden weltweit Projekte betreut, der Schwerpunkt liegt neben Europa im asiatischen Raum.

Die Kantine des Büros von David Chipperfield Architects in Berlin ist nicht nur bei Architekten sehr beliebt © Simon Menges
Die Kantine des Büros von David Chipperfield Architects in Berlin ist nicht nur bei Architekten sehr beliebt © Simon Menges

Was David Chipperfield Architects ausmacht und für den Auftrag der Grundinstandsetzung der denkmalgeschützten Neuen Nationalgalerie geradezu prädestiniert, ist die ungewöhnliche Symbiose von hoher Entwurfsqualität und einer exzellenten handwerklichen Qualifikation im Bereich der Denkmalpflege. Martin Reichert, einer der fünf Partner des Berliner Büros, beschreibt es so: „Viele der denkmalpflegerischen Entscheidungen haben auch ästhetische Implikationen und müssen deshalb innerhalb des Entwurfsprozesses mit betrachtet werden. Der Entwurf in der Baudenkmalpflege zeigt sich dabei nicht nur bei den realisierten Maßnahmen, sondern auch in dem bewussten Verzicht auf größere Eingriffe und bauliche Ergänzungen.“

Text: Schmedding.vonMarlin.

Blick ins Neue Museum  © SMB / David Chipperfield Architects, Foto Ute Zscharnt
Blick ins Neue Museum © SMB / David Chipperfield Architects, Foto Ute Zscharnt
Rendering der James Simon Galerie auf der Museumsinsel in Berlin, Entwurf David Chipperfield Architects © Stiftung Preußischer Kulturbesitz / Imaging Atelier
Rendering der James Simon Galerie auf der Museumsinsel in Berlin, Entwurf David Chipperfield Architects © Stiftung Preußischer Kulturbesitz / Imaging Atelier
Das Projektteam für die Neue Nationalgalerie im Büro von David Chipperfield Architects. Foto: schmedding.vonmarlin.
Das Projektteam für die Neue Nationalgalerie im Büro von David Chipperfield Architects. Foto: schmedding.vonmarlin.

Über den Dächern von Berlin: Tage der offenen Baustelle im Humboldt Forum

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Am vergangenen Wochenende gab es wieder die Gelegenheit, die Baustelle des Berliner Schlosses zu besichtigen und sich über das zukünftige Humboldt Forum zu informieren. Auch unser Kollege Fabian Fröhlich nutzte die Gelegenheit, erstmals die 205 Stufen zur Dachterrasse emporzusteigen. 

Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Blick von der Schlossbrücke zum Humboldt Forum
Blick von der Schlossbrücke zum Humboldt Forum
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Schlossfassade am Lustgarten
Skulpturenschmuck an der Schlossfassade am Lustgarten
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Eingangsportal
Eingangsportal
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Eingangshalle
Eingangshalle
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Gipsmodell für einen Adler an der Fassade
Gipsmodell für einen Adler an der Fassade
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Schlüterhof
Schlüterhof
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Eingangshalle
Eingangshalle
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Raum im ersten Obergeschoss
Raum im ersten Obergeschoss
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Raum im ersten Obergeschoss
Raum im ersten Obergeschoss
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Schlossforum
Schlossforum
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Blick über das Schlossforum zum Alten Museum
Blick über das Schlossforum zum Alten Museum
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Blick vom ersten Obergeschoss auf das Alte Museum
Blick vom ersten Obergeschoss auf das Alte Museum
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Kuppel des Schlosses
Schlosskuppel
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Blick von der Dachterrasse zum Französischen Dom und zur Friedrichswerderschen Kirche
Blick von der Dachterrasse zum Französischen Dom und zur Friedrichswerderschen Kirche
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Blick von der Dachterrasse auf das Deutsche Historische Museum
Blick von der Dachterrasse auf das Deutsche Historische Museum
Tag der offenen Baustelle im Berliner Schloss 2016: Blick von der Dachterrasse zum Alten Museum und zum Berliner Dom
Blick von der Dachterrasse zum Alten Museum und zum Berliner Dom

Fotos: Fabian Fröhlich

Instawalk im Kunstgewerbemuseum: Neue Perspektiven

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Am vergangenen Wochenende fand wieder ein Instawalk in einem unserer Museen statt. Diesmal luden wir die Foto-Crew ins Kunstgewerbemuseum am Kulturforum ein. Dabei entstanden schöne Bilder aus teils ungewohnten Blickwinkeln, von denen wir euch eine Auswahl präsentieren.

@frailfail Vielen lieben Dank für dieses tolle Bild 💙!

Ein von Fränze (@fraenze_berlin) gepostetes Foto am

So beautiful!

Ein von Museum Diary (@museumdiary) gepostetes Foto am

Alle Bilder dieses Instawalks findet ihr unter dem Hashtag #emptykunstgewerbemuseum auf Instagram und Facebook. Weitere exklusive Instawalks kündigen wir auf unseren Social-Media-Kanälen an – wie immer auch mit der Möglichkeit, Plätze zu gewinnen.

Der Instawalk wurde in Kooperation mit mobilephotography.de durchgeführt.

Was macht eigentlich … Anabel Acuña, unser Scout für den Goldenen Sommer

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Während der Ausstellung “El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez” ist unsere Korrespondentin Anabel in der Stadt unterwegs und bringt den Berlinern die spanische Lebensart näher. Wir stellen Sie euch vor – damit ihr sie gleich erkennt, falls sie euch mal auf der Straße begegnet und mit spanischen Zungenbrechern konfrontiert!

Woran arbeitest du gerade?
Momentan arbeite ich an der Partnerakquise, um den Berliner Sommer zu vergolden! Wir suchen nach spanischen oder „philo-spanischen“ Geschäften, die mit uns kooperieren möchten, um während der Ausstellung „El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez“ das spanische Lebensgefühl zu vermitteln und in unserer Stadt erlebbar zu machen.

Wie sieht dein Berufsalltag aus?
Es hängt davon ab, welche Ziele ich in der Woche habe und in welcher Phase des Projekts ich gerade bin. Manchmal verbringe ich den Tag am Rechner, schreibe Mails und recherchiere potenzielle Partner; manchmal bin ich aber auch in der Stadt unterwegs, um Leute zu treffen und Interviews zu führen. Eines Tages werde ich sogar die Berliner mit spanischen Zungenbrechern nerven, um mich für die deutsche Sprache zu rächen!

Was magst du am meisten an deinem Beruf?
Am meisten gefällt mir, wie perfekt der Ausgleich zwischen meinen beiden Jobs ist: Neben meiner Tätigkeit als freie Mitarbeiterin für die Staatlichen Museen zu Berlin arbeite ich auch als Stadtführerin für Spanier. Ich zeige also einerseits den Spaniern Berlin, andererseits den Berlinern Spanien. Merkwürdig, nicht wahr?

Und was am wenigsten?
Telefonate für die Partnerakquise, besonders wenn die Besitzer des Geschäfts keine Spanier sind und ich auf Deutsch telefonieren muss. Mein Deutsch ist gut genug, um alles zu verstehen und verstanden zu werden; das Problem ist aber, dass mein Andalusischer Charm in der Sprache von Goethe total verloren geht. Weil ich aus Sevilla komme, haben meine Worte eine sehr charakteristische Betonung, wenn ich mich mit anderen in meiner Muttersprache unterhalte: fröhlicher, geschickter, lustiger und mit ein bisschen Sonne dazu. Auf Deutsch fühle ich mich immer entwaffnet!

Was ist das kurioseste oder aufregendste Erlebnis, das du mit deinem Job verbindest?
Derzeit ist alles relativ ruhig: Meine Tätigkeiten sind hauptsächlich die Recherche und Kontaktaufnahme mit den Kooperationspartnern. Ich kann trotzdem schon vorhersehen, wie schnell sich das ändern wird, sobald ich auf der Straße mit einem Mikrofon und einer Kamera unterwegs bin… Mal sehen!

Letzte Frage: Was würdest du nachts allein im Museum tun?
Wenn ich während einer Sommernacht mit meinen Landsmännern allein in der Gemäldegalerie wäre, würde ich die drei Musikanten von Murillo davon überzeugen, den Mars von Velázquez mit ein paar Liedern zu erheitern. Ich bin ziemlich sicher, dass der Amor von Caravaggio aus seinem Bilderrahmen springen würde, sobald er die Musik hört, und mit uns feiern würde! Möchtest du auch?

Anabel ist im Rahmen unserer Aktion #goldenersommer unterwegs – alles über die Aktion erfahrt ihr auf der Webseite zur Ausstellung elsiglodeoro.de und auf unseren Social-Media-Kanälen.

Foto: Sven Stienen

Zehnerpack: 10 Plakate mit verspielter Typo

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Noch bis zum 26. Juni zeigt die Ausstellung “100 beste Plakate” in der Kunstbibliothek eine Auswahl an Grafikdesign und Plakatkunst aus dem deutschsprachigen Raum. Wir präsentieren euch 10 Plakate, die nur über Schrift funktionieren.

1. Sprung ins kalte Wasser

Erich Brechbühl / Kim Migliore (CH Luzern): Silence of the Dance © Erich Brechbühl / Kim Migliore / 100 Beste Plakate e. V.
Erich Brechbühl / Kim Migliore (CH Luzern): Silence of the Dance © Erich Brechbühl / Kim Migliore / 100 Beste Plakate e. V.

Die Kopfhörer geben den Hinweis: Es handelt sich bei dem Entwurf von Erich Brechbühl und Kim Migliore um ein Plakat für eine Kopfhörerparty – im Pool des ehemaligen städtischen Hallenbads der Stadt Luzern.

2. Buchstabenberg

Erich Brechbühl: Pilatus © Erich Brechbühl / 100 Beste Plakate e. V.
Erich Brechbühl: Pilatus © Erich Brechbühl / 100 Beste Plakate e. V.

Wer kann’s lesen? Bei diesem Entwurf, ebenfalls von Erich Brechbühl, steht das Bergmassiv „Pilatus“ im Mittelpunkt. Das Plakat entstand als Beitrag zur Initiative des Vereins Weltformat für neue Plakate zum Thema touristischer Ziele in der Zentralschweiz und wurde in einer Ausstellung gemeinsam mit allen so entstandenen Plakaten im Verkehrshaus Luzern gezeigt.

3. Keine klare Linie

Patrik Ferrarelli (Zürich): Creative Constraints © Patrik Ferrarelli / 100 Beste Plakate e. V.
Patrik Ferrarelli (Zürich): Creative Constraints © Patrik Ferrarelli / 100 Beste Plakate e. V.

Patrik Ferrarelli nahm an einem interdisziplinärenWorkshop des Master of Arts in Design an der Zürcher Hochschule der Künste teil, der den Teilnehmern wechselnde, einschränkende Regeln auferlegte, um ihre Kreativität herauszufordern. Zwar waren die Einschränkungen nicht schriftlich, doch Ferrarelli nahm’s wörtlich und machte sie buchstäblich zum Inhalt seines Plakatentwurfs.

4. Alles andere als matt

Ollie Schaich und Ruedi Zürcher (Bureau Collective, St. Gallen): Tourismus-Region Andermatt © Ollie Schaich / Ruedi Zürcher / 100 Beste Plakate e. V.
Ollie Schaich und Ruedi Zürcher (Bureau Collective, St. Gallen): Tourismus-Region Andermatt © Ollie Schaich / Ruedi Zürcher / 100 Beste Plakate e. V.

Auch Ollie Schaich und Ruedi Zürcher (Bureau Collective, St. Gallen) nahmen am Wettbewerb des Vereins Weltformat für neue Plakate zu touristischen Zielen in der Zentralschweiz teil und widmeten sich unter Verwendung eines Fotos von Charles Negre der Region Andermatt.

5. Arrhov Frick

Robin Weißenborn (Weimar): Horizonte – Vortragsreihe Sommersemester 2015: Arrhov Frick © Robin Weißenborn / 100 Beste Plakate e. V.
Robin Weißenborn (Weimar): Horizonte – Vortragsreihe Sommersemester 2015: Arrhov Frick © Robin Weißenborn / 100 Beste Plakate e. V.

Robin Weißenborn (Weimar) bewarb mit diesem Plakat aus einer Serie von fünf Arbeiten den Vortrag des schwedischen Architekten Arrhov Frick in der studentisch initiierten Architekturvortragsreihe „Horizonte“ in Weimar.

6. Nochmal lesen

Nochmal – Manifest (Universität der Künste Berlin) © 100 Beste Plakate e.V.
Nochmal – Manifest (Universität der Künste Berlin) © 100 Beste Plakate e.V.

»Nochmal« ist ein Manifest der Universitäten, an denen Gestaltung gelehrt wird. Es greift die Aspekte des Erlernens und Praktizierens und deren ständige Wiederholung auf. Das Plakat entstand im Rahmen eines Workshops mit Ludovic Balland an der Universität der Künste Berlin.

7. How long?

Isabelle Mauchle (Luzern): Howlong Wolf © Isabelle Mauchle / 100 Beste Plakate e.V.
Isabelle Mauchle (Luzern): Howlong Wolf © Isabelle Mauchle / 100 Beste Plakate e.V.

Isabelle Mauchle (Luzern) war keineswegs kurz davor, sich einen Wolf zu gestalten – ihr Plakat gilt einem Auftritt der Band Howlong Wolf.

8. Typosalat

Niklaus Troxler (Willisau): Jürg Wickihalder – Barry Guy – Lucas Niggli © Niklaus Troxler / 100 Beste Plakate e.V.
Niklaus Troxler (Willisau): Jürg Wickihalder – Barry Guy – Lucas Niggli © Niklaus Troxler / 100 Beste Plakate e.V.

Konzert, die zweite: Niklaus Troxler (Willisau) gestaltete für einen Gig der Jazz-Musiker Jürg Wickihalder, Barry Guy und Lucas Niggli im „Bau 4“ in Altbüron, Schweiz. Wie viele Musikfreunde aufgrund des Plakates zum Konzert gefunden haben, ist nicht überliefert.

9. Codierte Botschaft

Philipp Becker (Stuttgart): 2. Jazz & Pop-Festival der Musikhochschule Stuttgart © Philipp Becker / 100 Beste Plakate e.V.
Philipp Becker (Stuttgart): 2. Jazz & Pop-Festival der Musikhochschule Stuttgart © Philipp Becker / 100 Beste Plakate e.V.

Es ist gar nicht so leicht, beim Entwurf von Philipp Becker (Stuttgart) den Überblick zu behalten. Kleiner Tipp: es geht um das 2. Jazz & Pop-Festival der Musikhochschule Stuttgart.

10. Is it me you’re looking for?

Yvo Hählen / Priscilla Balmer (A3 studio, Lausanne): Hello Hello © Yvo Hählen / Priscilla Balmer / 100 Beste Plakate e.V.
Yvo Hählen / Priscilla Balmer (A3 studio, Lausanne): Hello Hello © Yvo Hählen / Priscilla Balmer / 100 Beste Plakate e.V.

Yvo Hählen und Priscilla Balmer (A3 studio, Lausanne) grüßen die Welt mit Ihrem Plakat „Hello Hello“.

Bonus: 11. Die Welt von morgen

Venesa Sadrijaj (Basel): Arrival City © Venesa Sadrijaj / 100 Beste Plakate e.V.
Venesa Sadrijaj (Basel): Arrival City © Venesa Sadrijaj / 100 Beste Plakate e.V.

Junge Studierende der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW Basel, Institut Visuelle
Kommunikation, setzten sich im Fach „Imagination“ mit ihrer Welt von morgen auseinander.
Venesa Sadrijaj (Basel) entwarf das Plakat „Arrival City“, das vermutlich auf das gleichnamige Buch des kanadischen Autors Doug Saunders von 2011 anspielt. Darin skizziert er, wie eine weltweite Migrationsbewegung in die Städte unsere Zukunft verändern wird.

Die Reihe “100 Beste Plakate” wird vom 100 Beste Plakate e.V. ausgerichtet. Die 15. Ausgabe findet vom 17. bis 26. Juni 2016 im Kulturforum statt, ab der Eröffnung werden alle 100 Plakate online vorgestellt. Nach der Auftaktausstellung in Berlin wird die Ausstellung in Wien, Nürnberg, La Chaux de Fonds, Luzern, Dornbirn, Essen und Seoul gezeigt.

Heldenposen, Monster-Mix und Götterolympiade: Mit „HERAKLES“ durchs Alte Museum

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„HERAKLES – Magazin für Kinder und Familien“ führt Kinder ab 6 Jahren durch die Antikensammlung. Im Zeitungsformat widmet HERAKLES sich spielerisch der antiken Welt der Griechen, Römer und Etrusker. Fünf Kinder haben das Angebot mit ihren Eltern getestet und sich über die Schulter schauen lassen.

Los geht’s: Die achtjährige Charlotte liest Kiran, sechs Jahre, die Begrüßung in der Innenseite des Titelbogens vor. Gemeinsam schauen sie sich an, wie die Zeitung funktioniert: Sie besteht aus einzelnen Bögen, die jeweils einem anderen Thema aus der antiken Welt der Griechen, Römer und Etrusker gewidmet sind – insgesamt sieben Stationen. Jeder Bogen hat eine eigene Farbe, ein Plan der Ausstellungsräume ist entsprechend farbig markiert und zeigt an, wo welcher Bogen zum Einsatz kommt. Ein festgelegter Rundgang ist also nicht vorgegeben.

Zwei Jungen trennen einen Bogen des HERAKLES – Magazins auseinander Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Zwei Jungen trennen einen Bogen des HERAKLES – Magazins auseinander
Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016

Kiran und Charlotte wollen zuerst mit den anderen in die Rotunde, den zentralen Kuppelbau im Alten Museum. Dort wird mit Hilfe von Bogen 4 der Fußboden mit seinen schwarzen Verzierungen kurzerhand zum Spielfeld für eine „Götterolympiade“: Wer hält einen goldenen Stab? Wer trägt ein Tierfell um die Schultern? Wer die entsprechenden Gegenstände, auch Attribute genannt, zuerst an einer Statue in der Rotunde entdeckt, rückt ein Feld auf dem Fußboden vor. Im Anschluss an das Spiel wird ein Zeitungsbogen zum Sockel für Heldenposen. Direkt in der Rotunde lässt sich Kiran von dem dreizehnjährigen Théo in die Haltung einer Götterstatue bringen. Zwei Mädchen ergänzen auf diese Weise die fehlenden Arme einer Marmorstatue.

Monster und Mischwesen
Théo und Leo schlüpfen an Station 5 in die Rolle von altgriechischen Schauspielern. Auf der Innenseite des orangefarbenen Zeitungsbogens finden sie zwei große Zeichnungen von antiken Theatermasken, auf der anderen Seite eine kurze Szene aus einem antiken Theaterstück. Sie trennen den Bogen in der Mitte auseinander, halten sich die Masken vor ihre Gesichter und sprechen die Szene nach. Charlotte bemerkt sofort: „Eine Maske sieht fröhlich aus, die andere traurig oder erschreckt.“

Zwei Kinder mit dem HERAKLES-Magazin im Alten Museum Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Zwei Kinder mit dem HERAKLES-Magazin im Alten Museum
Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016

Im Obergeschoss, bei den Etruskern angekommen, lautet die Frage: Wo sind hier Fabelwesen und Monster im Ausstellungsraum zu sehen? Kiran entdeckt ein geflügeltes Wesen auf einer antiken Vase. Er zeichnet einen Vogelkopf auf den Zeitungsbogen, klappt den Bogen so um, dass seine Zeichnung nicht mehr zu sehen ist und lässt seine Freundin Tenneh einen Körper dazu zeichnen. Dann ist er wieder dran und zeichnet Monsterbeine voller Schuppen. Gemeinsam entfalten sie den Zeitungsbogen, betrachten ihre eigene Monsterkreation und vergleichen sie mit dem geflügelten Mischwesen auf der Vase.

HERAKLES kommt mit nach Hause!
Kiran, der mit seiner Mutter und seiner Freundin Tenneh ins Alte Museum gekommen ist, fasst am Ende zusammen: „Alles hat mir gut gefallen aber am besten war das Monster zeichnen. Darf ich die Zeitung mit nach Hause nehmen?“ Klar, HERAKLES kommt nach dem Museumsbesuch mit nach Hause!

Entwickelt wurde HERAKLES – Magazin für Kinder und Familien im Alten Museum vom Referat Bildung, Vermittlung, Besucherdienste der Staatlichen Museen zu Berlin in Zusammenarbeit mit der Grafikerin Lena Roob / Studio S/M/L. Illustriert wurde die Zeitung von Inken Kruesecke. HERAKLES wurde gefördert durch die Freunde der Antike auf der Museumsinsel Berlin e.V.

HERAKLES – Magazin für Kinder und Familien im Alten Museum ist kostenfrei zu den Öffnungszeiten an der Kasse des Alten Museums erhältlich. Für Kinder und Jugendliche bis einschließlich 18 Jahre ist der Eintritt in die Staatlichen Museen zu Berlin kostenfrei.

Familien mit dem HERAKLES-Magazin in der Rotunde des Alten Museums © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Familien mit dem HERAKLES-Magazin in der Rotunde des Alten Museums © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Drei Kinder stellen eine Statue in der Rotunde des Alten Museums nach Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Drei Kinder stellen eine Statue in der Rotunde des Alten Museums nach
Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Ein Mädchen legt einen Zeitungsbogen als Sockel vor eine Statue im Alten Museum Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Ein Mädchen legt einen Zeitungsbogen als Sockel vor eine Statue im Alten Museum
Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Zwei Jungen spielen mit dem HERAKLES-Magazin eine antike Theaterszene nach  Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Zwei Jungen spielen mit dem HERAKLES-Magazin eine antike Theaterszene nach
Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Kinder und ein Vater treffen sich im zweiten Stock des Alten Museums und vergleichen ihre Zeichnungen Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Kinder und ein Vater treffen sich im zweiten Stock des Alten Museums und vergleichen ihre Zeichnungen
Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Kinder und Erwachsene mit dem HERAKLES-Magazin im Alten Museum Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016
Kinder und Erwachsene mit dem HERAKLES-Magazin im Alten Museum
Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Altes Museum / Valerie Schmidt, 2016

Mönche, Tiere, Sensationen

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Ein großer Museumsmacher verlässt die Insel Richtung Süden: Ab dem 1. Oktober 2016 ist Philipp Demandt der neue Direktor des Städelmuseums und der Liebieghaus Skulpturensammlung in Frankfurt am Main. Demandt hatte die Geschicke der Alten Nationalgalerie seit Januar 2012 mit überragendem Erfolg geleitet.

In Frankfurt freut man sich auf „einen der kreativsten Köpfe der deutschen Museumslandschaft“ (Frankfurts Kulturdezernent Felix Semmelroth). In Berlin hingegen fragt man sich, ob der Ausgang des Brexit-Referendums, der mit der Verlautbarung von Demandts Abgang  zusammenfiel, nicht als schlechte Nachricht für einen Tag gereicht hätte. Gelangte doch die Alte Nationalgalerie in seiner Amtszeit zu neuer Blüte. Zu Philipp Demandts kuratorischen Coups gehört ohne Zweifel „Impressionismus – Expressionismus“: die mit einer Viertelmillion Besuchern wohl erfolgreichste Ausstellung in der Alten Nationalgalerie. „ImEx“ haben Angelika Wesenberg und er auf noch nie dagewesene Weise den Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert und damit die Entstehung der Moderne betrachtet. Die Ausstellung wurde übrigens zu großen Teilen aus den Beständen der Nationalgalerie bestückt. Demandt selbst sagte dazu: „Der überwältigende Erfolg von ‚ImEx‘ zeigt, welche großen Kräfte die eigenen Sammlungsbestände der Nationalgalerie entfalten können, wenn man bereit ist, diese immer wieder neu zu befragen und neu zu denken.“

Expeditionen ins reiche Depot

Das reichhaltige Depot seines Hauses war für Philipp Demandt Ausgangspunkt seiner Arbeit. Nicht nur, um die Schausammlung neu zu konzipieren – auf seinen Expeditionen ins Depot fand der große Entdecker hier viele der unbekannten, aber dafür umso sensationelleren Kleinode, die das altehrwürdige Haus auf neue Art zum Leuchten brachten und zeitlos in der Gegenwart verorteten. Beispielsweise entdeckte Demandt dort das Gemälde „Der Wunderbrunnen“ des türkischen Meisters Osman Hamdi Bey, das lange an das deutsche Konsulat in Istanbul gehangen hatte, und hängte es 2014 ins Foyer der Alten Nationalgalerie. Die türkische Presse berichtete begeistert, die Hängung erschloss eine neue Besucherklientel und hat so vielleicht mehr ausgerichtet, als mancher Integrationsbeauftragter.

Osman Hamdi Bey, Lesender Araber / Der Wunderbrunnen. © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger
Osman Hamdi Bey, Lesender Araber / Der Wunderbrunnen. © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger

Leuchten tun seit 2016 auch die Bilder selbst wieder wie seit 200 Jahren nicht mehr: Nach dreijähriger Restaurierungszeit kehrte Caspar David Friedrichs wohl bekanntestes Bilderpaar „Mönch am Meer“ und „Abtei im Eichwald“ zurück in die Alte Nationalgalerie. Und auch anlässlich der Erstpräsentation von Friedrichs Meisterwerken fand Demandt wieder eine Preziose im Bestand: Caroline Barduas Porträt von Caspar David Friedrich, das lange Jahre als Selbstbildnis galt, weil man einer Frau solch ein Kunstwerk nicht zutraute. Nicht so Philipp Demandt, der weitere Meisterwerke von Künstlerinnen wie Marie Ellenrieder, Sabine Lepsius, Vilma Parlaghy oder Elisabeth Jerichau-Baumann neu präsentierte.

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz; Joachim Gauck, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland; Kristina Mösl, Leitende Restauratorin der Alten Nationalgalerie; Philipp Demandt, Leiter der Alten Nationalgalerie © Staatliche Museen zu Berlin / Foto: Achim Kleuker
Caspar David Friedrich, Mönch am Meer (vrnl: Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz; Joachim Gauck, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland; Kristina Mösl, Leitende Restauratorin der Alten Nationalgalerie; Philipp Demandt, Leiter der Alten Nationalgalerie). © Staatliche Museen zu Berlin / Achim Kleuker

Schreiben kann er auch

Der 1971 in Konstanz geborene Demandt hat Kunstgeschichte, Archäologie und Publizistik studiert. Nach seiner Zeit als Ausstellungsassistent im Berliner Bröhan-Museum wurde er  2004 Dezernent bei der Kulturstiftung der Länder. Dort hob er unter anderem die vielbeachtete Zeitschrift „Arsprototo“ aus der Taufe. Von Demandts publizistischen Fähigkeiten profitierte dann auch das SPK-Magazin, dessen gerngelesener, weil überaus schreibfähiger Autor der Leiter der Alten Nationalgalerie wurde. Demandt bekam mit „Das Tier im Blick“ seine eigene Kolumne – in der er die Leser mit in den Zoo der Kunst nahm. Dass ihn das Tier im Blickfeld der Moderne als Thema reizte ist, zeigte sich immer wieder.

Anton Puchegger, Schimpansin „Missie“  im Treppenhaus der Alten Nationalgalerie. © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger
Anton Puchegger, Schimpansin „Missie“ im Treppenhaus der Alten Nationalgalerie. © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger

Das Museum, der Zoo

Nicht nur, dass seit Dezember 2014 wieder Anton Pucheggers lange verschollene Schimpansenskulptur „Missie“ im Treppenhaus der Alten Nationalgalerie sitzt. Im Frühling desselben Jahres kuratierte Philipp Demandt die weltweit erste Museumsausstellung überhaupt zu Rembrandt Bugatti, den wohl zoophilsten unter den Bildhauern der Jahrhundertwende. Hier gesellten sich großartige Tierskulpturen zu den Gemälden des 19. Jahrhunderts. So hielten dann Bugattis ausdrucksvolle „Kuh“ oder die „Französische Bulldogge“ Zwiesprache mit den Gemälden Schinkels, Friedrichs oder Böcklins – wie im Bode-Museum die Donatellos mit den alten Meistern. Seitdem hat der „Bugatti-Virus“, von dem Demandt damals sprach und die fulminante Wiederentdeckung des Bildhauers meinte, die Museumsinsel vollends erwischt. Erst kürzlich erhielt die Alte Nationalgalerie die Bronzeskulpturen „Vier Kühe“ und „Zwei Geier“. Und auch 2015 gab es in der Alten Nationalgalerie eine Ausstellung mit Wilhelm Kuhnerts wunderbaren Zeichnungen wilder Tiere in der Alten Nationalgalerie.

In den letzten fünf Jahren ist in der Alten Nationalgalerie viel passiert. Kein Wunder also, dass Philipp Demandt anlässlich seines Ortswechsels äußert: „Ich blicke mit Dankbarkeit auf rund fünf erfüllte Jahre an der Alten Nationalgalerie“. Berlin gratuliert Frankfurt.

© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger
Rembrandt Bugatti, Vier Kühe, unbefristete Leihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung, erworben 2015. © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger

Text: Gesine Bahr-Reisinger
Titelfoto: © Oliver Mark

Eine Station vor Berlin – Die Skulpturen aus Valladolid in der Ausstellung “El Siglo de Oro”

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In dem Projekt “Eine Station vor Berlin” dokumentiert der Fotograf Carlos Collado, unterstützt von der Gemäldegalerie und dem Instituto Cervantes Berlin, die Reise der Barock-Skulpturen aus dem spanischen Valladolid nach Berlin zur Ausstellung “El Siglo de Oro. Die Ära Velazquez”, die ab dem 1. Juli zu sehen ist. Wir zeigen einige Eindrücke von den Reisevorbereitungen der Kunstwerke.

Eine Station vor Berlin - A Project by Carlos Collado in collaboration with the Gemäldegalerie and the Instituto Cervantes Berlin
Eine Station vor Berlin – A Project by Carlos Collado in collaboration with the Gemäldegalerie and the Instituto Cervantes Berlin
Eine Station vor Berlin - A Project by Carlos Collado in collaboration with the Gemäldegalerie and the Instituto Cervantes Berlin
Eine Station vor Berlin – A Project by Carlos Collado in collaboration with the Gemäldegalerie and the Instituto Cervantes Berlin
Eine Station vor Berlin - A Project by Carlos Collado in collaboration with the Gemäldegalerie and the Instituto Cervantes Berlin
Eine Station vor Berlin – A Project by Carlos Collado in collaboration with the Gemäldegalerie and the Instituto Cervantes Berlin
Eine Station vor Berlin - A Project by Carlos Collado in collaboration with the Gemäldegalerie and the Instituto Cervantes Berlin
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El Siglo de Oro – Spaniens Blüte in Berlin

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Gestern eröffnete „El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez“ in der Gemäldegalerie. Die Ausstellung bietet in diesem Sommer einen einmaligen Blick auf die reichhaltige Kunstproduktion im Spanien des 17. Jahrhunderts. Generaldirektor Michael Eissenhauer und Bernd Lindemann, Direktor der Gemäldegalerie, im Gespräch über Entstehung und Hintergründe der Ausstellung.

Die Ausstellung „El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez“ beschäftigt sich mit dem „Goldenen Zeitalter“ der spanischen Kunst und Kultur. Was hat es damit auf sich?
Michael Eissenhauer: Das Goldene Zeitalter in der spanischen Kunst ist das 17. Jahrhundert. Es gibt nur wenige vergleichbare Epochen der Kunstgeschichte, die in einer ähnlichen Komplexität und Fülle sowohl Gemälde als auch Skulpturen von solch hoher Qualität hervorgebracht haben. „El Siglo der Oro. Die Ära Velázquez“ wird erstmals überhaupt die gesamte Bandbreite der Kunst dieses Goldenen Zeitalters zeigen.
Bernd Lindemann: Historisch erklärt sich das Siglo de Oro zum einen aus der Konsolidierung des spanischen Königtums während dieser Epoche, zum anderen aus der Funktion, die die Kunst damals für die Kirchen hatte. In Spanien konnten trotz der Vormacht des Königshofes in Madrid die einzelnen Regionen sehr individuelle künstlerische Färbungen entwickeln, woraus eine sehr große Vielfalt der Kunst entsprang. Auf diese Weise entstanden prachtvolle heilsgeschichtliche Darstellungen für die bildfreudige katholische Kirche, aber auch wunderbare Porträts, etwa für den königlichen Hof in Madrid, sowie ganz außerordentliche Stillleben und auch Genremalerei.

Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin (rechts), und Bernd Lindemann, Direktor der Gemäldegalerie, verfolgen das Hängen eines Bildes für die Ausstellung "El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez" in der Gemäldegalerie. (c) Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin (rechts), und Bernd Lindemann, Direktor der Gemäldegalerie, verfolgen das Hängen eines Bildes für die Ausstellung “El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez” in der Gemäldegalerie. (c) Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer

Für einen so umfassenden Blick braucht es eine Vielzahl an Exponaten. Wurden für die Ausstellung viele Leihgaben angefragt?
ME: Die Ausstellung umfasst rund 130 Arbeiten, von denen gut zwei Drittel Leihgaben sind. Wir waren dafür in ganz Spanien unterwegs, um Kontakte in den einzelnen Regionen aufzubauen. Den Erfolg unserer Anstrengungen verdanken wir in besonderem Maße der Leihbereitschaft des Museo del Prado in Madrid und anderen spanischen Museen und Sammlungen, die diese Ausstellung mit herausragenden Werken bereichern. Aber wir sind allen Leihgebern überaus dankbar für Ihre kollegiale Hilfe – erst durch die Kooperation mit insgesamt 64 Museen konnten wir so viele bedeutende Werke des Goldenen Zeitalters zusammentragen.

Warum verfügt die Sammlung der Gemäldegalerie über eine so gute Basis, auf der Sie aufbauen konnten?
ME: In Berlin gibt es eine lange Tradition, spanische Kunst zu sammeln: Bereits 1881 reiste Wilhelm von Bode, der spätere Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, nach Spanien, um Kunstwerke für die Berliner Sammlung zu erwerben. Heute verfügt die Gemäldegalerie über eine der bedeutendsten Sammlungen spanischer Kunst des 17. Jahrhunderts in Deutschland. Beispielsweise befinden sich die „Taufe Christi“ von Bartolomé Esteban Murillo, das „Brustbild eines Mannes” von José de Ribera, „Don Alonso Verdugo de Albornoz (1623-1695)” von Francisco de Zurbarán oder das Werk „Bildnis einer Dame” von Diego Velázquez in unserem Besitz. Die sammlungsgeschichtliche Tradition und die Faszination an dieser überaus produktiven wie qualitativ herausragenden Phase in der spanischen Kunstgeschichte waren für uns ausschlaggebende Argumente, diese Ausstellung zu konzipieren.

Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin (links), und Bernd Lindemann, Direktor der Gemäldegalerie im Gespräch. (c) Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin (links), und Bernd Lindemann, Direktor der Gemäldegalerie im Gespräch. (c) Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer

Was ist das Konzept der Ausstellung?
BL: Wir wollen die drei wichtigen Bildkünste zusammenbringen: Malerei, Skulptur und Zeichnung. Die spanische Skulptur ist faszinierend, weil sie zu großen Teilen kostbar gefasste Bildwerke aus Holz umfasst, die übrigens auch heute noch in Gebrauch sind. Sie werden bei Prozessionen in der Osterzeit durch die spanischen Städte getragen. Auch die Zeichnungen sind von herausragender Qualität und werden im Zusammenhang mit Gemälden gezeigt.
ME: Die Gattungen Malerei und Skulptur gemeinsam zu präsentieren, ist aufgrund der immensen Fülle an hochwertiger Kunst in dieser Epoche naheliegend. Maler und Bildhauer haben damals gemeinschaftlich zusammengearbeitet, mitunter entstanden Malerei und Skulptur sogar in derselben Werkstatt – ein in der Kunstgeschichte damals absolutes Novum. Darüber hinaus gibt es in Berlin auch ein grundsätzliches Bestreben, das einzelne Kunstwerk aus seiner isolierten Betrachtung zu lösen und das Bewusstsein für seinen jeweiligen ursprünglichen kulturellen Kontext zu schärfen.

Sie sprachen davon, dass einige der gezeigten Skulpturen noch heute in Gebrauch sind …
ME: Es handelt sich um eine großformatige Skulpturengruppe der Passion Christi des Bildhauers Gregorio Fernández – eine Leihgabe aus dem Museo Nacional de Escultura in der Stadt Valladolid. Seit mehr als 400 Jahren wird sie alljährlich im Rahmen einer feierlichen Prozession zur Karwoche durch die Straßen Valladolids getragen. Für unsere Ausstellung verlässt diese Skulpturengruppe erstmals das Land und ergänzt damit unsere Ausstellung auf hervorragende Weise.

Die Skulpturengruppe aus Valladolid von Gregorio Fernández (1625) wird einmal im Jahr zu Ostern in einer Prozession durch den Ort geführt. Nun ist sie vorübergehend in der Ausstellung „El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez“ in der Gemäldegalerie zu sehen. (c) Carlos Collado
Die Skulpturengruppe aus Valladolid von Gregorio Fernández (1625) wird einmal im Jahr zu Ostern in einer Prozession durch den Ort geführt. Nun ist sie vorübergehend in der Ausstellung „El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez“ in der Gemäldegalerie zu sehen. (c) Carlos Collado

Was macht diese Ausstellung darüber hinaus einzigartig?
BL: Obwohl das Thema so spannend ist, gab es eine solche Ausstellung in Deutschland noch nicht. In London sorgte vor einiger Zeit eine Ausstellung zur spanischen Bildhauerei für Furore, was uns darin bestärkte, ähnliches auch hier umzusetzen. Das Publikum wird in der Gemäldegalerie nun mit Kunst konfrontiert, die es noch nicht kennt. Maler wie Diego Velázquez oder El Greco sind international bekannte Figuren, Künstler wie Bartolomé Esteban Murillo oder José Antolínez hingegen sind hierzulande neue Namen. Das Publikum wird in der Ausstellung also neben Alt-bekanntem eine Vielzahl von neuen, nicht minder spannenden Künstlern entdecken können.

Ist das der Grund, warum statt einer monographischen Ausstellung dieser breitere Zugang gewählt wurde?
ME: Monothematische Ausstellungen zu Künstlern oder Gattungen des Goldenen Zeitalters gab es in den letzten Jahrzehnten oft – wir möchten einen Schritt weiter gehen. Die Epoche hat nicht nur große Meister wie die bereits genannten Velázquez und El Greco hervorgebracht, sondern auch andere herausragende Künstler wie Alonso Cano oder Gregorio Fernández, die außerhalb Spaniens bislang leider nur Experten ein Begriff sind.
BL: Hinzu kommt, dass bestimmte wichtige Werke von Velázquez, etwa die „Übergabe von Breda“, schlichtweg nicht zu bekommen sind. Sie wären aber für eine Velázquez-Schau unabdingbar. Auch deswegen haben wir die Idee weiter entwickelt und beschlossen, uns vom „Star“ Velázquez etwas zu lösen und das Siglo de Oro in allen Facetten zu zeigen.

Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin (links), und Bernd Lindemann, Direktor der Gemäldegalerie, gemeinsam mit einer Restauratorin vor einem der werke in der Ausstellung „El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez“ in der Gemäldegalerie. (c) Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin (links), und Bernd Lindemann, Direktor der Gemäldegalerie, gemeinsam mit einer Restauratorin vor einem der Werke in der Ausstellung „El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez“ in der Gemäldegalerie. (c) Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer

Worin liegt die Faszination begründet, die diese Kunstwerke heute noch in uns auslösen?
BL: Die Heiligen werden in einer faszinierenden Gegenwärtigkeit gezeigt. Sie werden nicht antikisierend dargestellt, sondern treten in Kostümen ihrer Zeit auf. Für die damaligen Betrachter bedeutete dies, dass ihnen die Heiligen quasi direkt gegenüberstanden. Auch bei den Stillleben finden wir diese Gegenwärtigkeit, es wird sehr armseliges Essen gezeigt, Fastenspeisen – ganz anders als etwa beim holländischen oder flämischen Prunkstillleben.

Gibt es ein Werk, über das Sie sich besonders freuen, es zeigen zu können?
ME: Auf diese Frage zu antworten, fällt mir schwer. Neben vielen anderen kostbaren Leihgaben freuen wir uns aber wohl alle besonders über die bereits erwähnte Skulpturengruppe aus Valladolid. Sie ist nicht nur auf buchstäblich sehr interessanten Wegen in unsere Ausstellung gekommen, sondern auch kunsthistorisch überaus faszinierend.

Michael Eissenhauer und Bernd Lindemann in der Gemäldegalerie. (c) Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
Michael Eissenhauer und Bernd Lindemann in der Gemäldegalerie. (c) Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer

Die Ausstellung „El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez“ findet vom 1. Juli bis 30. Oktober in der Gemäldegalerie statt. Während der Ausstellung gibt es ein umfassendes Begleitprogramm mit Partnern aus der spanischen Community. Informationen gibt es in den sozialen Medien unter dem Hashtag #goldenersommer und auf elsiglodeoro.de

Die Ausstellung wird großzügig gefördert durch das Kuratorium Preußischer Kulturbesitz, die Sparkassen-Finanzgruppe, den Kaiser Friedrich Museumsverein und die “la Caixa“ Foundation. Unterstützer sind die Botschaft von Spanien, das Instituto Cervantes und Museum&Location Veranstaltungsgesellschaft der Staatlichen Museen zu Berlin mbH.

Titelbild: (c) Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer

Curt Glaser – Leben und Wirken eines Berliner Museumsdirektors

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Seit Mai erinnert in der Kunstbibliothek eine Tafel an den ehemaligen Direktor Curt Glaser (1879 – 1943). Er prägte in den 1920er Jahren maßgeblich die Kunstbibliothek und die Sammlung für zeitgenössische Grafik des Kupferstichkabinetts. Aufgrund seiner jüdischen Wurzeln wurde seine Karriere jedoch ab 1933 von den Nazis zerstört.

Die regelmäßigen Salons, die in den 1920er Jahren im Hause Curt Glaser stattfanden, waren schon damals legendär. Stars der Kunstwelt – aus Berlin und dem Rest der Welt – gaben sich hier die Klinke in die Hand. In einer zeitgenössischen Beschreibung lässt die Journalistin Augusta von Oertzen diese Abende vor dem inneren Auge lebendig werden: „Vor dem Hintergrunde erlesener Kunstobjekte, vor vielen und ausgewählten Büchern versammeln sich Künstler, Kunstkritiker, Kunstsammler; man sitzt an kleinen Tischen, trinkt Tee und Liköre, plaudert und tanzt: Dinge, die man bei jedem Empfang tut, aber die hier von einem Fluidum persönlichen Lebens durchpulst sind.“ Doch wer war der Gastgeber Curt Glaser?

-	Ausschnitt aus der Fotoreportage im Weltspiegel des Berliner Tageblatts vom 31. März 1929.
– Ausschnitt aus der Fotoreportage im Weltspiegel des Berliner Tageblatts vom 31. März 1929.

Kunstkritiker, Publizist und Sammler
Auf den ersten Blick hat Glaser eine ganz klassische Museumslaufbahn durchlaufen. 1909 begann er als „wissenschaftlicher Hilfsarbeiter“ am Berliner Kupferstichkabinett – ein typischer Einstieg, der mit dem heutigen Volontariat vergleichbar ist. Bis 1924 blieb er dort angestellt, leitete die Sammlung für zeitgenössische Grafik, die sogenannte „Neue Abteilung“, war Assistent des Direktors Friedländer und wurde schließlich 1920 Kustos der Sammlung. Vier Jahre später wechselte er als Direktor an die Kunstbibliothek, wo er bis 1933 ihr Profil als Bildungs-, Forschungs- und Sammlungseinrichtung weiterentwickeln und schärfen konnte.

Doch Glasers Wirken beschränkte sich nicht auf die Tätigkeit am Museum: Er war zugleich auch Kunstkritiker, Publizist und Sammler. Allein seine umfangreiche Bibliografie verrät, dass er ein universeller Geist gewesen sein muss, der sich für Holbein ebenso begeisterte wie für Munch, der den Künsten Ostasiens die gleiche Aufmerksamkeit schenkte wie der altdeutschen Malerei. Seine Texte faszinieren bis heute vor allem deshalb, weil er das spezialisierte Urteil mit dem allgemeinverständlichen kulturellen Weitblick zu verbinden wusste: Sein berühmter Kritiker-Kollege Karl Scheffler brachte dies 1929 auf dem Punkt: „Gegenwärtiges und Vergangenes, Fernes und Nahes ist ihm nicht zweierlei; für ihn ist große Kunst den Bedingtheiten von Zeit und Raum im Kern nicht unterworfen.“

-	Bibliothek, Wohnung Curt und Elsa Glaser, Prinz-Albrecht-Straße 8. Ca. 1930. Landesarchiv Berlin / Fotografin: Marta Huth
– Bibliothek, Wohnung Curt und Elsa Glaser, Prinz-Albrecht-Straße 8. Ca. 1930. Landesarchiv Berlin / Fotografin: Marta Huth

Eine hochkarätige Sammlung
Schon früh, etwa ab 1910, begann Glaser, zusammen mit seiner ersten Frau Elsa Kontakte zu Künstlern in aller Welt zu knüpfen und allmählich eine imposante Sammlung aufzubauen. Erhaltene Briefe aus dieser Zeit, unter anderem von Max Pechstein, Edvard Munch und Henry Matisse, zeugen von dem beeindruckenden Netzwerk, das die Glasers im Laufe der Jahre aufbauten. Da wundert es nicht, dass Glaser in Berlin eine Persönlichkeit war, deren Stimme im kulturellen Leben Gewicht hatte. Die Wohnung der Glasers war dementsprechend ein Ort der Kultur und Anziehungspunkt der Szene in diesen Jahren – und das nicht nur aufgrund der eingangs erwähnten, regelmäßigen Empfänge und Zusammenkünfte. Auch die persönliche Kunstsammlung des Ehepaars Glaser dürfte Interesse geweckt haben. Das lässt sich besonders gut an den Fotografien von Marta Huth nachempfinden. Sie erlauben einen Blick auf die hochkarätige Kollektion, nicht zuletzt auf das berühmte Portrait Glasers von Max Beckmann.

-	Arbeitszimmer mit Gemälden von Edvard Munch, Wohnung Curt und Elsa Glaser, Prinz-Albrecht-Straße 8. Ca. 1930. Landesarchiv Berlin / Fotografin: Marta Huth
– Arbeitszimmer mit Gemälden von Edvard Munch, Wohnung Curt und Elsa Glaser, Prinz-Albrecht-Straße 8. Ca. 1930. Landesarchiv Berlin / Fotografin: Marta Huth

Curt Glasers Wirken an der Kunstbibliothek fand ein abruptes Ende, als er 1933, nur wenige Wochen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, aufgrund seiner jüdischen Herkunft sein Amt verlor. Danach hielt ihn nichts mehr in Berlin, denn seine Frau Elsa war bereits im Jahr 1932 verstorben. Auch beruflich gab es in Deutschland nun keine Perspektive mehr für den Kunstliebhaber. Im Mai 1933 ließ er weite Teile seiner Sammlung versteigern und kehrte bald darauf Berlin den Rücken. Zusammen mit seiner zweiten Frau Maria emigrierte Curt Glaser über Stationen in Italien, Frankreich und der Schweiz in die USA, wo er 1943 verstarb.
Zur Erinnerung an den Menschen und den verdienstvollen Museumsmann Curt Glaser hängt heute in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin eine Gedenktafel.

Text: Dorothee Wagner

Brief von Matisse an Glaser.
Brief von Matisse an Glaser.

Eine logistische Meisterleistung: Das Ethnologische Museum zieht ins Humboldt Forum

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Dahlem bereitet sich auf den Umzug ins Humboldt Forum vor. Im Ethnologischen Museum werden die Objekte gereinigt, entwest, restauriert und für den Transport verpackt. Direktorin Viola König und ihre Mitarbeiter Monika Zessnik und Matthias Farke führen hinter die Kulissen.

Umzüge wollen gut vorbereitet sein – das weiß jeder, der schon mal die Wohnung gewechselt hat. Wenn ein ganzes Museum umzieht, dann reicht es aber nicht, ein paar Umzugskartons bereitzustellen. Das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst in Dahlem werden mit etwa 13.000 Exponaten ihrer insgesamt 500.000 Objekte umfassenden Sammlung ins Humboldt Forum umziehen, wenn dieses 2019 am Schlossplatz seine Pforten öffnet.

Die Vorbereitungen für den Umzug der großen Sammlung laufen daher bereits jetzt auf Hochtouren. Der ganze Prozess findet parallel zum Ausstellungsbetrieb statt, denn große Teile des Hauses sind noch für die Besucher geöffnet. Nachdem bereits 2014 der Bereich Südamerika geschlossen wurde, folgten Anfang 2016 auch die Nordamerika- und die Südseeausstellung, in der unter anderem die berühmten Boote aus Ozeanien standen. Diese Ausstellungsbereiche werden nun sukzessive geräumt und dienen als Lagerfläche für die vielen Objekte, die später im Humboldt Forum in den Schaumagazinen zu sehen sein werden.

Blick in den geräumten Bereich "Nordamerika" im Ethnologischen Museum. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
Blick in den geräumten Bereich “Nordamerika” im Ethnologischen Museum. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer

Museale Rundum-Versorgung
Diese Exponate müssen einer umfangreichen Prozedur unterzogen werden, wie Monika Zessnik, Leiterin der Abteilung Amerikanische Ethnologie, erklärt: „Die Objekte werden aus ihren Vitrinen geholt, vermessen, fotografiert, entwest und verpackt.“ Um diesen Prozess effizient zu gestalten, wird der Bereich Nordamerika in einen Schwarz und einen Weißraum unterteilt. Im Schwarzraum werden die Objekte für die Reinigung und Entwesung vorbereitet. Im Weißraum landen schließlich die fertig behandelten und verpackten Objekte. Zur Entwesung, also der Abtötung jeglicher eventuell im Material befindlicher Schädlinge, werden die Exponate je nach Beschaffenheit tiefgefroren oder mit Stickstoff behandelt. „Das machen wir selbst hier vor Ort“, erklärt Zessnik weiter, „denn wir verfügen als einziges der Staatlichen Museen zu Berlin über entsprechende Kammern, in denen eine solche Behandlung möglich ist.“ Nach der Entwesung werden die Exponate falls notwendig restauriert, Montierungen angepasst und schließlich verpackt, um auf ihren Abtransport ins Humboldt Forum zu warten.

Objekte werden für den Umzug ins Humboldt Forum vorbereitet. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
Objekte werden für den Umzug ins Humboldt Forum vorbereitet. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer

Neben dem Standard-Prozedere werden die Ausstellungsstücke bei Bedarf auch direkt restauriert – eine museale Rundum-Versorgung also. „Die Restaurierungstiefe ist abhängig davon, was das Objekt verlangt“, sagt Restaurierungsleiter Matthias Farke. „Generell werden zuerst die Oberflächen trocken gereinigt, Staub entfernt und damit auch alte Biozide, die teilweise darin enthalten sind, reduziert.“ Wenn sich dann weitere Beschädigungen zeigen, wird restauriert, erklärt Farke – „So wenig wie möglich, aber genug, um die Artefakte für die Ausstellung im Humboldt Forum zu stabilisieren.“

Ein komplettes Haus wurde entdeckt
Eine besondere Herausforderung sind die vielen Großobjekte, wie die Südsee-Boote und -Häuser. „Die müssen im Humboldt Forum durch eine jetzt noch offen gelassene Wand eingebracht werden“, sagt Viola König, Direktorin des Ethnologischen Museums. Das Museum wird also im wahrsten Sinne um die Boote herum gebaut. So war es schon in den 1960er Jahren, als das Ethnologische Museum in Dahlem gebaut wurde, erklärt König weiter. Damals wurden die Boote jedoch teilweise auseinander genommen: „Die Masten wurden umgeklappt und die Ausleger abgenommen. Das möchten wir den Booten heute nicht mehr zumuten.“ Restaurator Farke ergänzt: „Die Boote haben sich trotz sämtlicher Gegenmaßnahmen in den letzten 50 Jahren verändert und sind gealtert. Hinzu kommt, dass sie nie darauf ausgelegt waren, beliebig demontierbar zu sein.“ Diese Bedenken und die Tatsache, dass sich die restauratorischen Methoden seit den 1960er Jahren grundlegend gewandelt haben, machen den komplizierten Umzug durch die Wand erforderlich.

Viola König (re.) und Monika Zessnik mit einer amerikanischen Holzskulptur. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
Viola König (re.) und Monika Zessnik mit einer amerikanischen Holzskulptur. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer

Neben den Booten ziehen auch die Südseehäuser ins Humboldt Forum um – und hier gab es im Zuge der Inventarisierung eine kleine Überraschung: In der Sammlung wurde kürzlich ein komplettes Haus entdeckt, wie Viola König erzählt: „Es lag zusammengeklappt im Magazin und wird nun ebenfalls ins Humboldt Forum ziehen, wo wir es erstmals ausstellen werden.“ Auch ein vollständiges Interieur eines Südseehauses konnte für die zukünftige Präsentation erworben werden. „Die Häuser waren immer ein beliebter Anziehungspunkt“, so König, „Gruppen trafen sich hier, es fanden Mini-Konferenzen und Tagungen statt. Wir wollen diese Tradition im Humboldt Forum mit den meeting points fortführen.“

Alles wird penibel vorbereitet
Nicht nur die komplizierten Wandöffnungen für die Großobjekte sind Gegenstand genauer Planungen. Auch der gesamte zeitliche Ablauf des Umzugs wird bereits jetzt minutiös geplant, wie Matthias Farke weiß: „Es muss genau abgesprochen werden, in welcher Reihenfolge die Objekte durch welche Treppen und Gänge angeliefert werden, damit alles hineinpasst.“ Die Boote und Häuser werden als erstes umziehen und durch die Wand an ihren Präsentationsort verbracht. Ein exakter Plan legt die Standorte nach Objektgröße fest, erklärt Farke. Sind die Exponate einmal aufgestellt, werden sie danach nicht mehr bewegt.

Restaurierungsleiter Matthias Farke (re.) im Gespräch mit Viola König, Direktorin des Ethnologischen Museums. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
Restaurierungsleiter Matthias Farke (re.) im Gespräch mit Viola König, Direktorin des Ethnologischen Museums. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer

Doch es sind nicht nur die Boote und Häuser, die das Team des Museums vor logistische Herausforderungen stellen. „Durch die Wandöffnungen müssen auch unsere nordamerikanischen Totempfähle und andere Großobjekte“, sagt der Restaurator Farke. „Diese Aktion wird nicht an einem Tag zu schaffen sein, sondern sich über einen längeren Zeitraum hinziehen. Deswegen bereiten wir alles so penibel vor.“

Ein Wandteppich fürs Humboldt Forum
Eine ausgefeilte Logistik erfordert auch der mehr als viermal vier Meter messende mixtekische „Lienzo Seler II“, ein Baumwolltuch aus dem 16. Jahrhundert, das in der Dauerausstellung des Humboldt Forums einen zentralen Platz einnehmen wird. Fast ein halbes Jahrhundert lang hing der Lienzo unberührt in einer Großvitrine im Ethnologischen Museum – nun wird er abfotografiert, im Rahmen eines Forschungsprojekts des Exzellenzclusters TOPOI umfassend untersucht und ebenfalls für den Transport vorbereitet.

„Solche indianischen Lienzos sind typisch für die frühe Kolonialzeit. Sie wurden von den Frauen des Dorfes am Hüftwebstuhl hergestellt und bestehen aus mehreren Stoffbahnen, die aneinandergenäht wurden“, erklärt Viola König, die auch das Forschungsprojekt zu dem Artefakt leitet. Der Lienzo des Ethnologischen Museums ist das größte und zugleich „globalste“ Exemplar der insgesamt zwölf Exemplare umfassenden „Coixtlahuacagruppe“, benannt nach der Herkunftsregion in Mexiko. Er zeigt unter anderem topografische Details der Gegend, Kriegsszenen und die Hängung von Indianern durch einen spanischen Richter. „Der Lienzo darf keinesfalls gefaltet werden“, erklärt Viola König, „er wurde von Kollegen vor Jahrzehnten auf Leinenträger genäht und dann auf eine Holzplatte gespannt.“ Die Verfassung des Materials wird nun geprüft: Es werden Farbanalysen durchgeführt, die Lichtschädigung bestimmt sowie UV-Aufnahmen stark verblasster Malstellen gemacht. Erstmalig erfolgt auch eine umfassende digitale Dokumentation des Lienzo.

Der "Lienzo Seler II", ein mexikanischer Baumwoll-Teppich, wird derzeit umfassend untersucht und fotografisch dokumentiert. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
Der “Lienzo Seler II”, ein mexikanischer Baumwoll-Teppich, wird derzeit umfassend untersucht und fotografisch dokumentiert. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer

So zeigt ein Blick hinter die Kulissen: Auch wenn das Museum für Besucher teilweise geschlossen ist, steht die Zeit hier beileibe nicht still. Es gibt sehr viel zu tun, bis die neue Sammlungspräsentation im Humboldt Forum fertiggestellt ist. Doch das Warten lohnt sich, denn die dortige Präsentation wird nicht nur zeitgemäß und ansprechend werden – sie wird auch einige neue Sammlungsteile enthalten, die bisher selten das Licht der Ausstellungsräume erblickt haben.

Das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst sind noch bis Anfang 2017 geöffnet. Im Herbst 2016 findet hier außerdem wieder der Markt der Kontinente statt. Das komplette Programm ab Oktober auf marktderkontinente.de

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Die berühmten Südsee-Boote aus dem Ethnologischen Museum ziehen auch mit ins Humboldt Forum. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
Die berühmten Südsee-Boote aus dem Ethnologischen Museum ziehen auch mit ins Humboldt Forum. Foto: Staatliche Museen zu Berlin / Daniel Hofer
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